In unserem Blog schreiben wir über Team-Mediationen und Marketing für Mediator:innen.
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Vor ein paar Monaten haben wir in unserem Blogartikel über Vergebung länger über die Besonderheiten und Herausforderungen eines Reue- und Vergebungsprozesses in der Mediation geschrieben. Dieser Text richtete sich hauptsächlich an ein Fachpublikum.
Heute wollen wir das Thema Vergebung und Bereuen in den Alltag holen. Denn Situationen, in denen wir etwas bereuen oder verzeihen, erleben wir alle relativ häufig. Nicht immer gelingt der Prozess.
Aus Gründen: Weil wir nicht genug Zeit oder Raum haben, um in der Tiefe miteinander zu sprechen. Weil der/die Andere gar nicht sprechen will. Weil wir just gerade jetzt keine Mediatorin zur Hand haben. Und, und, und…
Gibt es denn etwas, das wir dennoch tun können, ganz für uns selbst? Die gute Nachricht: Ja, gibt es, und zwar den Allradwagen der Vergebung.
Ein sehr praktisches Tool, wie wir eigene Reue- oder Verzeihensprozesse reflektieren und analysieren können, um die Wahrscheinlichkeit des Gelingens zu erhöhen – oder zumindest Klarheit darüber zu bekommen, warum es (noch) nicht klappt.
Die wichtigsten Punkte aus dem Artikel „Wege der Vergebung“ auf einen Blick
Wir werden einzelne Punkte davon im weiteren Verlauf noch einmal aufgreifen, aber wenn Du es ausführlicher wissen willst, dann lies am besten nochmal den gesamten Beitrag.
Warum es im Deutschen zwei Begriffe gibt, ist uns auch nicht klar geworden. Sie werden synonym benutzt, wobei Vergebung oft spirituell konnotiert ist, während Verzeihen als «weltlicher» verstanden wird. Sprachhistorisch bedeuten sie das Aufgeben einer Schuldforderung, das Verzichten auf Rache oder Strafe: „Verzeihen“ hat die gleiche Wurzel wie „verzichten“, und „vergeben“ geht auf mittelhochdeutsch „fragiban“ zurück, was „aufgeben“ bedeutet.
Dabei geht es nicht darum, jemanden von seiner Verantwortung zu befreien, sondern, wie bereits erwähnt, auf Strafe zu verzichten, beziehungsweise die Schuld im Sinne von Schulden, die zu begleichen sind, zu annullieren. Die Tat selbst ist irreversibel und die Verantwortung für sie bleibt bestehen, z. B. in Bezug auf die Verpflichtung zur Reparation oder Prävention. Vergeben wird der Täter:in, in Anerkennung menschlicher Fehlbarkeit und der Tatsache, dass wir alle unsere Gründe für unser Verhalten haben.
Genug der Vorrede, interessant ist ja, wie Sich-Entschuldigen und Vergeben im Alltag ganz praktisch klappen können.
Sagen wir's mal so: Unser Alltag ist manchmal ein ganz schön unebenes Terrain, mit Bergen der Überwindung, Tälern der Trauer, Schuldfallen, Stresswüsten, Sehnsuchts-Seen und vielen weiteren Gefühlslandschaften mehr. Zumal, wenn es zu Konflikten kommt, kann die Fahrt ganz schön holprig werden und man kann auch relativ leicht die Orientierung verlieren. Bei manchen, lange dauernden Konflikten, weiß am Ende niemand mehr, wo es eigentlich los gegangen ist und was unterwegs alles passiert ist. Es ist ein bisschen wie eine Rally. Und wie bei einer solchen ist alles so viel einfacher, wenn man das richtige Werkzeug dabei hat und Leute, die einem auch mal helfen, ein Rad zu wechseln oder dich aus dem Graben ziehen. Bleiben wir in der Metapher: außerdem ist es gut, eine Karte dabei zu haben und ein Ziel, also zu wissen wo man hin will, vielleicht auch Leute, die einem unterwegs den Weg zeigen.
Einen Konflikt zu durchschreiten und zu lösen ist nichts anderes als ein inneres und zwischenmenschliches Paris-Dakar.
Und dafür braucht man einen Allradwagen.
Meistens, wenn auch nicht immer, beinhaltet die Lösung eines Konfliktes Reue und Verzeihung bzw. eine Entschuldigung im Sinne eines Bedauerns und eines Entschuldigen im Sinne einer Bitte um Entschuldigung, also nicht selten in beide Richtungen.
Sagen wir, Hamid ist Hanna auf den Fuß gestiegen und sie hat ihm dafür eine geknallt. Jetzt ist Hamid sauer, weil er eine Ohrfeige erhalten hat, und Hanna hat einen blauen Zeh. Wie es so oft vorkommt, haben beide ziemlich wilde Vorstellungen davon, warum der jeweils andere so gehandelt hat und wenn es keine Unterstützung und Kommunikation gibt, können sich beide ganz schön in ihre „Kopffilme“ reinsteigern, vielleicht erstatten sie sogar gegenseitig Anzeige. Ein wunderbares Rezept zum Unglücklichsein. Aber Hanna und Hamid haben gute Freund:innen, die sie zur Vernunft rufen und dabei unterstützen, ihren Konflikt zu bereinigen. Beide möchten sich beim/bei der anderen entschuldigen und erwarten gleichfalls eine Entschuldigung. Sie haben also ein Entschuldigungs- und Verzeihungsanliegen aneinander, d.h. beide müssen einerseits bereuen und andererseits eine Entschuldigung entgegennehmen, d.h. ggf. verzeihen. Das sind jeweils zwei Schritte, macht zusammen: vier.
Manchmal gibt es nur ein einseitiges Verzeihensanliegen, da fährt man seinen Jeep quasi im Zweiradantrieb.
Das wäre, wenn Hanna einfach nichts getan hätte und Hamid bereut und sich bei Hanna entschuldigt.
Unser Vergebungs-Allradwagen hat hier zur Vollständigkeit vier Räder, alle vier müssen angetrieben werden, damit er rund läuft. Dieses „Rundlaufen“ hängt von der Aufmerksamkeit ab, die man ihm widmet. In unserem Fall gibt es für jeden der vier Punkte jeweils vier Fragen, die sich der- oder diejenige stellen darf, wenn er/sie weiterkommen will (im Leben und/oder der Beziehung zum Gegenüber). Diese vier Fragen sind der Antrieb der vier Räder: 4x4, oder Allradantrieb…
Wenn es zwischen den entsprechenden Rädern nicht synchron läuft, also die Antworten auf die Fragen nicht zu den Wünschen auf der anderen Seite passen, dann knirscht's im Getriebe und unser Verzeihensprozess droht zu scheitern.
Lassen wir die Rally hinter uns und betrachten wir konkret, was es bedeutet, wenn man sich
Die zu jedem Punkt gehörenden Fragen helfen dabei, zu überprüfen, wo Du stehst, wo vielleicht noch etwas fehlt und was es noch braucht, um diesen Schritt zu gehen.
Die Antworten auf diese Fragen sind die Grundlage für ein Konfliktgespräch.
Vielleicht stellst Du fest, dass Du nicht verzeihen willst, weil dir der Beziehungsabbruch eigentlich ganz gelegen kommt. Nehmen wir noch einmal Hanna und Hamid. Hat Hanna wirklich verstanden, warum die Ohrfeige so schlimm war für Hamid? Eine Ohrfeige tut ja nicht sonderlich weh, noch dazu im Vergleich zu ihrem blauen Zeh, der 4 Wochen in keinen Schuh gepasst hat. Aber für Hamid war es ein öffentlicher Gesichtsverlust, was ihn schwer getroffen hat. Erst wenn Hanna das versteht, wird Hamid ihr verzeihen können. Andersherum, kann Hamid bereuen, obwohl er doch nur dem Kinderwagen ausgewichen ist und Hanna gar nicht absichtlich auf den Zeh gestiegen ist? Versteht er, dass er Verantwortung für den Schaden trägt, auch wenn es keine Absicht war? Erst wenn er das anerkennt, wird Hanna sehen können, dass er ihr ja eigentlich nicht weh tun wollte und sich ihrerseits entschuldigen wollen für ihre etwas brüske Antwort. Und nicht zuletzt: Ist es den beiden wichtig, in Frieden auseinanderzugehen bzw. in gutem Kontakt zu bleiben? Je wichtiger die Beziehung, desto höher ist vermutlich auch die Bereitschaft, um Entschuldigung zu bitten bzw. eine solche anzunehmen.
Eingangs sprachen wir davon, dass Vergebung ein Geschenk ist, das man nicht einfordern kann. Und dieses Geschenk geht übrigens hauptsächlich an: Dich selbst!
Vergebung ist ein Akt, den man für sich selbst tut, und von dem man selbst am meisten profitiert, entgegen der landläufig immer noch existierenden Auffassung, Vergebung käme den Tatverantwortlichen zu Gute und müsse von diesen „verdient“ werden. Sie ist eine Befreiung aus der Opferrolle, von der Last des Geschehenen, von der keine Ruhe gebenden Erinnerung. Es ist der Moment, in dem das Erlebte und die dafür verantwortliche Person aufhören, Macht über das eigene Leben zu haben. Betroffene sprechen oft von einem «inneren Frieden», Souveränität und Stärke, die sich durch Vergebung einstellen.
Vergebung ist nicht von der Reue des Anderen abhängig und kann nicht durch diese erzeugt werden: auch wenn jemand noch so sehr bereut, kann vielleicht die andere Seite nicht verzeihen. Andersherum kann man verzeihen, ohne dass die entsprechende Person bereut, ja, ohne dass sie davon weiß und sogar ohne dass sie noch lebt. Vergebung ist einzig und alleine die Entscheidung und der innere Prozess der vergebenden Person, als Geschenk an sich selbst. Das geht so weit, dass in Studien belegt werden konnte, dass Menschen, die verzeihen, länger leben, weniger Herzkrankheiten haben, besser schlafen, weniger chronische Schmerzen haben und insgesamt gesünder sind (1).
(1) Siehe John Braithwaite: Rethinking Forgiveness, 2016; und ders.: Redeeming the F-Word. Oxford Journal of Law and Religion, 2016, 5, 79–93
Wenn das mal kein Geschenk ist! Wobei es natürlich ein doppeltes Geschenk ist, denn auch für die andere Person, unabhängig, ob bereuend oder nicht, ist es ein mächtiges Geschenk, verziehen zu bekommen, und bei manch einem mag der Reueprozess dann erst einsetzen.
Warum ist es aber manchmal so schwer, das eine wie das andere?
Die Motive hinter Reue- und Vergebungsblockaden schauen wir uns jetzt abschließend an. Dieser Punkt doppelt sich mit dem, was wir bereits im Artikel vom März 2024 geschrieben haben.
Wenn Menschen Schwierigkeiten haben, um Verzeihung zu bitten, kann es sein, dass ihnen das Vertrauen fehlt und sie fürchten, dass ihre Offenheit missbraucht wird. Vielleicht würde es aber auch bedeuten, noch mehr an Informationen (über sich) preiszugeben, als die andere Person weiß, und sie fürchten um die Reaktion ihres Gegenübers. Oder sie hatten einen echten Grund (ein wichtiges Bedürfnis), das zu ihrer Handlung geführt hat, und wissen nun nicht, wie sie gleichzeitig zu ihrem Bedürfnis stehen, und ihre Handlung bedauern sollen. Möglicherweise bereuen sie auch das eigene Verhalten gar nicht, weil sie es angemessen oder zumindest nachvollziehbar finden und daher Verständnis erwarten. Es könnte aber auch sein, dass die Hürde in der Beziehung zwischen den beiden liegt, entweder in ihrer allgemeinen Beziehungsgestaltung oder weil die andere Partei Signale sendet, die entmutigend wirken. Nicht zuletzt bedarf es einer gewissen charakterlichen Stärke, einen Fehler zuzugeben und dafür um Verzeihung zu bitten: es kommt zu einer kurzfristigen Machtungleichheit, indem die um Verzeihung bittende Person sich unterordnet. Das wird in manchen Kulturen auch körperlich entsprechend ausgedrückt, indem man auf die Knie fällt, den Kopf senkt oder die Augen niederschlägt.
Auch hier kann es um Vertrauensmangel gehen. Vielleicht glaubt diejenige, die verzeihen soll, nicht an die Aufrichtigkeit der Reue oder befürchtet, dass es wieder passieren wird. Oder der Schmerz steht noch im Vordergrund, weil der andere die Auswirkungen seines Verhaltens noch nicht ganz verstanden hat. Dieser Schmerz kann dann auch dazu führen, dass Rachegelüste überwiegen und man sich wünscht, die andere Person möge genauso leiden. Wenn die Handlung nahezu gar nicht nachvollziehbar bleibt, kann das ebenfalls Vergebung behindern. Und nicht zuletzt ist das Verweigern von Vergebung manchmal ein Hebel, eine Beziehung zu beenden, ohne sich weiter erklären zu müssen. Eine günstige Gelegenheit.
Die meisten Menschen „entschuldigen sich“, wenn ihnen etwas leid tut, das sie getan haben – was technisch ziemlich unmöglich ist: als könne man sich selbst ent-schuldigen. Daher auch der Tipp beim Allradwagen, um Entschuldigung zu bitten und nicht sich zu entschuldigen. Eigentlich gibt es in einer „Entschuldigung“ zwei Komponenten: den Ausdruck des Bedauerns – „es tut mir leid, ich bedauere, dass…“ – und dann die Bitte um Verzeihung. Beides wird häufig in einem Kurzen „Sorry“ zusammengezogen. Nicht immer ist das angemessen und kommt gut bei der anderen Person an. Wenn dann noch ein „aber“ hinterherkommt, welches eine Rechtfertigung einleitet, ist es nicht verwunderlich, wenn die Entschuldigung vom anderen nicht (an-)erkannt wird. Sagen wir, Hamid sagt zu Hanna: „Sorry dass ich Dir auf den Fuß gestiegen bin, aber ich musste dem Kinderwagen ausweichen.“ Da lässt sich kaum erkennen, dass er Hannas Schmerz wirklich verstanden hat.
Hamids Satz könnte lauten: „Es tut mir leid, dass ich Dir auf den Fuß getreten bin und Deinen Zeh zerquetscht habe. Ich bitte Dich um Entschuldigung. Möchtest Du wissen, wie es dazu kam?“
Es scheint übrigens sprachliche Verwirrung zu herrschen, wenn gemeinhin „es tut mir leid“ zu sagen als „sich entschuldigen“ bezeichnet wird, während gleichzeitig um Entschuldigung bitten und um Verzeihung bitten auch synonym verwendet werden.
In der Mediation verwenden wir oft einige Zeit darauf, diese ganzen Nuancen zu entwirren und herauszufiltern, was jede:r braucht, um verzeihen und bereuen zu können. Nur wenn das geklappt hat, ist es sinnvoll, Vereinbarungen für die Zukunft zu treffen, weil wir sonst bei der nächsten Gelegenheit uns wieder in den noch immer ungeklärten Emotionen verheddern.
Wenn das nicht reicht: Allradantrieb zuschalten und im 4x4-Modus weiterfahren…
Nun haben wir viel geredet und würden gerne in einen Dialog mit dir gehen und freuen uns, wenn du uns Antworten auf einige unserer Fragen in die Kommentare schreibst. Zum Beispiel interessiert uns:
Wir sind gespannt und freuen uns von dir zu lesen...
Vergebung, schreibt der französische Philosoph Jacques Derrida, sei „die Unmöglichkeit, zu verzeihen, was unverzeihlich ist“.
Was soll das denn heißen?
Das wissen wir ehrlich gesagt auch nicht so genau, aber er verweist auf die Verzwickungen, die das Verzeihen umgeben.
Sie ist doppelte Erlösung – für die, die verzeiht und den, dem verziehen wird; sie ist manchmal für Außenstehende ein Skandal, sie wird oft ersehnt und kann häufig gerade dann nicht gegeben werden.
Sie ist ein einfaches Ding, das schwer zu machen ist, könnte man mit Berthold Brecht sagen.
Daher möchten wir hier die Frage stellen: was ist das überhaupt – Vergebung? Und wie kann Mediation Vergebung ermöglichen, wie passt Vergebung in die Mediation?
Zunächst einmal: Mediation ist definitiv ein Weg, jemandem zu verzeihen oder von jemandem verziehen zu bekommen.
Idealerweise organisiert eine Mediation das Vergebungsgespräch unter Beachtung ihrer psychologischen Voraussetzung. Denn oft wollen beide Beteiligten die Versöhnung, verhaken sich aber im Gesprächsverlauf ineinander.
Damit Verzeihen gelingen kann, müssen wir berücksichtigen, dass der innere Weg, jemanden um Verzeihung zu bitten, genauso voraussetzungsvoll ist wie der innere Weg, jemandem zu vergeben.
Aus unserer Erfahrung biegt ein Vergebungsgespräch an zwei Stellen ungut ab: Entweder an dem Satz „Du musst dich entschuldigen!“ – der so aufgebaute Druck eskaliert die Situation, weil bei der anderen Seite noch kein Bewusstsein für die Tat vorliegt. Da ist noch kein Schuldgefühl, es wird nichts bereut, wofür man sich authentisch entschuldigen könnte.
Der zweite Satz mit Dynamit-Potenzial lautet „Ich habe mich doch entschuldigt!“ – und du musst mir jetzt verzeihen, lautet die implizite Botschaft.
Oft hat sich der Entschuldigende lange zu seiner Entschuldigung durchgerungen, aber nicht mitbedacht, dass die Geschädigte mindestens genau so viel innere Arbeit zu verrichten hat, um die Entschuldigung anzunehmen. Die Enttäuschung über eine nicht sofort angenommene Entschuldigung führt dann in eine weitere Eskalation.
Unser Job als Mediator:innen ist es, auf die Bremse zu treten und Verständnis für das innere Erleben der jeweils anderen Seite zu organisieren.
Vergebung und um Vergebung bitten haben psychologische Voraussetzungen, die ein Vergebungsgespräch erfüllen muss, damit eine Wiederannäherung authentisch möglich ist.
Daher folgen solche Gespräche einer bestimmten Struktur, die sich aus dem Weg des inneren Erlebens der Beteiligten ergibt.
Diese Struktur lässt sich mit einigen wenigen Änderungen in die Mediationsphasen einbauen. Wenn wir unser Mediationsgespräch so organsisieren, dass wir die Mediand:innen an ihren inneren psychischen Prozessen abholen, erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit, dass es klappt mit der Vergebung.
Im nächsten Abschnitt befassen wir uns mit den Konfliktprozessen, die zu Entschuldigung und Vergebung führen oder diese erschweren. Danach sehen wir uns die 5 Schritte der Vergebung an, um anschließend über die ihnen gegenüberstehenden 5 Schritte der Reue dazu zu kommen, wie das alles in die Phasen einer Mediation eingebaut wird.
In vielen Mediationen wird einer (oder beiden!) Streitpartner:innen bewusst, dass sie etwas getan haben, was sie, von heute aus betrachtet, so nicht mehr tun würden.
Meistens sind falsche Vorannahmen, eine andere Situationseinschätzung, moralische Schwäche oder eine noch nicht vollzogenen Entwicklungsstufe der Grund.
Es wird immer etwas sein, dass die Beziehung beschädigt und enttäuscht hat, und es geht immer mit mehr oder weniger hohem Vertrauensverlust einher.
Die Streitpartner:innen, nennen wir sie von nun an Esther und Erwin, erwarten voneinander, dass der andere „sich entschuldigt“ bzw. „versteht und verzeiht“.
Diese beiden Wünsche sind menschlich verständlich, können aber nicht so auf die Schnelle erfüllt werden. Vergebung, aber auch die Bitte um Verzeihung, sind Geschenke. Sie können nicht eingefordert werden, und setzen auch keinen wechselseitigen Vertragsvorgang in Kraft.
Das heißt, dass Erwin z.B. nicht automatisch erwarten darf, dass Esther ihm Vergebung schenkt, nur weil er ihr eine Entschuldigung geschenkt hat.
Mit beiden Geschenken machen sich die Konfliktpartner:innen verletzlich, sie sind der potentiellen Ignoranz und Brutalität des Gegenübers ausgesetzt. Daher ist dieses Geschenk ein Vertrauensbeweis.
Es anzunehmen und fühlbar wertzuschätzen, lässt einen Keim von Hoffnung aufgehen – den beide gießen müssen. Es ist zum Beispiel wichtig, nicht mehr zu verlangen als geschenkt wird. Umgekehrt muss das Geschenk anfangs zumindest irgendwie den Kern dessen treffen, worum es der geschädigten Partei geht.
Oft wird Vergebung falsch verstanden, sie gilt als Nachgeben oder Schwäche. Doch in Wirklichkeit ist Vergebung ein Akt der Stärke und der Befreiung.
Vergebung beendet oder transformiert die Beziehung, die durch die Verletzung entstanden oder geprägt ist.
Wer nicht vergeben kann, ist an die Verletzung und den, der verletzt hat, gebunden.
Um eine Beziehung zu heilen bzw. ihr Zukunft zu geben, braucht es einen vollständigen Vergebungsprozess, und wie der aussieht, schauen wir uns jetzt genauer an.
Es gibt zwei Sätze, die auf ein Vergebungsanliegen hinweisen, und typische Antworten, die ein Gelingen erschweren:
1. Esther sagt: „Ich will, dass du dich bei mir entschuldigst!“ (Bedeutet: du musst einsehen, dass du etwas falsch gemacht hast, und: ich bin möglicherweise bereit, zu verzeihen.)
Worauf wir Erwin häufig folgendes sagen hören:
2. Erwin sagt: „Ich möchte mich bei dir entschuldigen“ (weil ich einsehe, dass ich etwas falsch gemacht habe, und: du musst mir verzeihen)
Worauf Esther gerne folgendes sagt:
Das einfach Ding, das schwer zu machen: Was steht Erwin und Esther im Weg?
Wie meist in der Mediation besteht die große Herausforderung darin, dass beide bedürftig sind und die Empathie des anderen brauchen, diese/r aber gerade sehr bei sich ist.
Konkrete Gründe, die es einem schwer machen, um Verzeihung zu bitten, können sein:
Konkrete Gründe, die dem Verzeihen im Weg stehen, können sein:
Besonders knifflig wird es, wenn Erwins Handlung selbst eine Reaktion war und der Anfang der Reaktionskette – wie so oft – nicht mehr rekonstruierbar ist. Dabei kann sie auch eine Verzweiflungstat sein, die darauf hinweist, dass schon vorher etwas im Argen war. Das wiederum sieht Esther nicht. Und so tanzen sie umeinander herum, jede:r will, dass die andere Seite den nächsten, notwendigen Schritt geht. Aber auch, wenn eigentlich beide in Richtung Vergebung gehen wollen, kann die Gestaltung dieses „Tanzes der Verzeihung“ schwierig sein, und ein gutes Ende bleibt lange ungewiss.
Um zu verstehen, was dem Vergebungsprozess im Weg steht, müssen wir die Psychologie dahinter verstehen. Denn dieser Prozess sind eigentlich zwei, die ineinander verzahnt sind – ein innerer Vergebungs- bzw- Reueprozess, den beide mit sich selbst ausmachen, und ein zwischenmenschlicher, der in einer Mediation stützend begleitet werden kann.
Der Benediktinermönch und Autor Pater Anselm Grün identifiziert folgende fünf Etappen als notwendige Schritte eines (inneren) Vergebungsprozesses.
Neben Wut und Trauer spielen zwei weitere starke Gefühle eine Rolle, die wir nicht gerne spüren und daher aussperren: Schuld und Scham. In der Regel haben wir alle ein positives Selbstbild. Durch die Anschuldigung ist dieses getrübt. Zu sehen, dass unsere Handlung bei jemand anderem Schmerz ausgelöst hat, ist schwer auszuhalten.
Man fühlt sich schuldig – ein sehr niederdrückendes Gefühl, zumal, wenn man keine Ahnung hat, wie man damit umgehen soll – und man schämt sich.
Der Ausweg aus beiden ist die aktive Verantwortungsübernahme.
Und wie die Vergebung vor allem ein Geschenk an sich selbst ist – wofür man das Gegenüber übrigens nicht einmal braucht – ist auch die aktive, positive Verantwortungsübernahme etwas, das man zumindest teilweise für sich tut, um sich von Schuld und Scham zu befreien und Frieden zu finden.
Wie können wir in der Mediation einen Vertrauensraum für das Aushalten von Wut und Trauer, Schuld und Scham gestalten und halten? Und wo sind die Fallstricke?
Zunächst einmal ist es wichtig, dass „sich-mit-Rechtfertigungen-entschuldigen“ nicht das gleiche ist wie Verantwortung übernehmen und um Verzeihung bitten. Doch was viele tun, um die quälende Schuld und Scham loszuwerden, ist genau dies: sich selbst ent-schuldigen, indem sie vielleicht kurz „sorry“ sagen, und dann „aber“, gefolgt von langen Erklärungen, die die eigene Schuld mindern. Wir kennen das alle in der Kurzfassung von „Sorry, dass ich zu spät komme, aber mein Zug hatte Verspätung“.
Wir müssen als Mediator:innen wissen, was echte Verantwortungsübernahme ist. Sie besteht in einer vollen Anerkennung der Handlung und des Schmerzes, den sie ausgelöst hat und geht einher mit Angeboten der Reparation und konkreten Vorhaben, was man selbst künftig dazu beizutragen gedenkt, damit ähnliches nicht wieder vorkomme.
Es gibt auch einen inneren Prozess des Bereuens, der dem des Verzeihens gegenübersteht.
Seine fünf Schritte wären entsprechend:
Wie die verschiedenen Prozesse in den Mediationsablauf passen, sehen wir uns im übernächsten Abschnitt an.
Nach unserer Erfahrung kommt es in vielen Mediationen dabei zu einem Missverhältnis:
Wir arbeiten lange daran, dass Erwin erkennt, was sein Verhalten – absichtlich oder unabsichtlich – bei Esther an Verletzungen bewirkt hat.
Regelmäßig stellen wir fest, dass der nun einsichtige Erwin erwartet, dass Esther diesen Einsichtsprozess irgendwie mitgegangen ist und nachvollziehen kann. Und dann enttäuscht ist, wenn sie seine Entschuldigung nicht umstandslos annimmt.
Doch zu vergeben ist emotional mindestens so herausfordernd wie verantwortungsvoll die Schuld für ein Verhalten oder Unterlassen auf sich zu nehmen.
Wir sollten beachten, dass sich die vergebende Partei im Mediationsprozess doppelt so lange in einem emotional unsicheren Status befindet wie die um Vergebung bittende: gebannt oder ungeduldig begleitet sie deren Läuterung.
Die bereuende Seite konnte nun schon einen Teil ihres Schuldgefühls abladen, während die vergebende noch mit der Verarbeitung ihrer Scham und Wut beschäftigt ist.
Daher ist es essenziell, dass sie nicht alleine bleibt, sondern von der Mediator:in und, in angemessener Distanz, von der anderen Partei unterstützt und begleitet wird.
Wie organisieren wir nun das Vergebungsgespräch und mit welchen Herausforderungen haben wir es zu tun?
Am Anfang steht selbstverständlich die Einladung, einander nicht zu verurteilen, sondern das subjektive Erleben des anderen ernst zu nehmen und als solches zu akzeptieren.
Das ist bekanntlich leichter gesagt als getan, aber nehmen wir mal der Einfachheit halber an, dass beide Seiten die Belastung ausräumen wollen, um eine konstruktive Beziehung (weiter) zu führen.
Unsere Hauptaufgabe besteht dann darin, die beiden inneren Prozesse – Vergebung und Reue – zu koordinieren.
Beim Schreiben des Artikels ist mir aufgefallen, wie verwirrend das alles sein kann, daher bitte ich dich, liebe:r Leser:in um Geduld, während ich es an drei Schaubildern erkläre.
Das erste Schaubild zeigt, wie die 5 Phasen der Mediation mit den 5 Schritten im Vergebungsprozess nach Anselm Grün und dem Prozess des Bereuens, wie wir ihn beim Mediieren schon hundertfach erlebt haben.
Dort sieht man, dass die Schritte 1. - 5. von Reue und Vergebung in den Phasen 3 und 4 der Mediation stattfinden.
Das nächste Schaubild zeigt, wie in vielen Mediationen sich inkompatible Prozessschritte von Reue und Vergebung so gegenüberstehen, dass die Verständigung zuweilen scheitert:
Was kann also schiefgehen?
Herausforderung: zeitlich sind die Schritte der Vergebung und der Reue dermaßen unglücklich verzahnt, dass Erwin und Esther sich ständig gegenseitig in ihrer inneren Verarbeitung behindern.
Aus Wut kann Trauer werden und umgekehrt, das Verstehen kann durch einen Auslöser in Wut zurückfallen. Reue und Scham können sich gegenseitig abwechseln, und das Sich-selbst-Verstehen immer wieder zwischendrin durchscheinen.
Weil sich Esther und Erwin immer wieder ineinander verhaken, wenn wir als Mediator:innen nicht deutlich auf die Bremse treten, ist genau dies unser Job: Immer wieder den Austausch verlangsamen, Spiegeln und dafür sorgen, dass aus dem emotionalen Schlagabtausch ein wirklicher – ebenso emotional, aber anders – Dialog aus gegenseitigem Zuhören und empathischen Begreifen wird.
So kann der verlangsamte Prozess aussehen:
In der Phase 2 der Mediation findet die ‚Themensammlung‘ statt. Mediator:in und Konfliktparteien vereinbaren, worüber gesprochen werden muss, um gemeinsam zu Klarheit und idealerweise zur Lösung zu kommen. In einem Vergebungs-Reueprozess findet hier die common-ground-legung statt: Es gab eine Handlung (Erwin), und ein spezifisches Ergebnis/Erleben (Esther) dieses Handelns. Diese Anerkennung des Geschehenen ist wichtig, damit die weiteren Schritte gegangen werden können.
Esther, die verzeihen soll, ist hier gefordert, neutral über ihr Erleben zu sprechen, ohne schon in Schmerz oder Forderungen abzugleiten. Erwin muss akzeptieren und in sein Selbstbild integrieren, dass er sich etwas zu Schulden hat kommen lassen.
Für die Mediation besteht die Herausforderung darin, eine konsistente Einigkeit darüber herzustellen, wie die Situation sich zugetragen hat.
Wenn dieser Common Ground erreicht ist, also die Handlung geklärt, die Esther so verletzt hat, wird es spannend:
Wer erlebt gerade die nächste emotionale Phase: Esther ihre Verletzung? Erwin den Schock, der seine jähe Erkenntnis begleitet?
Die Herausforderung besteht darin, der anderen Person zuzuhören, und entweder noch gar nicht zu verstehen, was daran denn jetzt so schlimm/bedeutsam sein soll, oder schon intensiv mit seiner eigenen Emotion beschäftigt zu sein. Die Mediatorin wird hier wieder viel spiegeln und pacen und den Dialog verlangsamen.
Am krassesten ist der Gegensatz bei Schritt 2: während Esther laute Wut erlebt, und sie äußern muss, um die nächsten Schritte gehen zu können, erlebt Erwin leise, nach innen gekehrte Scham, die durch behutsam geäußerte Einfühlung begleitet werden müsste.
Wut geht nach außen und stellt Distanz her, dabei kann sie sehr zerstörerisch sein.
Reue geht nach innen und will die Distanz überbrücken.
An der gelungenden Gestaltung dieses Gesprächsabschnitts entscheidet sich häufig der Erfolg des Vergebungsgesprächs.
Die Mediatorin hat alle Hände voll zu tun, die Balance zu halten, während Esther und Erwin eine emotionale Achterbahnfahrt nach der anderen erleben.
Dass beide ihre jeweiligen Prozesse zu Ende bringen, ohne sich gegenseitig zu entmutigen oder abzubringen, ist die große Herausforderung für die Mediator:in.
Einzelgespräche und Pausen können hier unterstützen. So können am Ende dieser Phase Selbsterkenntnis und Anerkennung für die Selbsterkenntnis des anderen stehen.
Wenn beide das Erleben des anderen nachvollziehen konnten und sich zumindest etwas verstanden fühlten, kann nun Esther anfangen zu verstehen – ohne damit einverstanden zu sein – was Erwin zu seiner Handlung bewog. Erwin erlebt sich gesehen und empfindet dadurch seine Reue noch intensiver. Diese kann er nun äußern und Esther horcht in sich rein, ob sie sie als authentisch empfindet.
Trifft das zu, ist der Verlauf ist nun synchron, die eigentliche Vergebung findet statt. Es hilft, sich das jeweilige Ziel der Beteiligten vor Augen zu führen: Erwin wünscht sich die Entlastung von seinem Schuldgefühl, Esther möchte Anerkennung für ihr Leid. Beide suchen nach Befreiung von der negativen Bindung und Frieden.
Wenn Esther die vorherigen Phasen für sich nicht wirklich abgeschlossen hat, wird ihr das Verzeihen nicht gelingen. Das gleiche gilt für die Reue von Erwin.
Mediator:innen müssen aufpassen, wenn sich in die Bereitschaft zur Vergebung schon die Frage mischt, wie die zukünftige Beziehung zwischen beiden aussehen kann. Diese Frage kann erst behandelt werden, wenn die Frage der Wiedergutmachung geklärt ist.
Am Ende von Schritt 5 sollten keine Schuldgefühle mehr nagen und keine Gedanken mehr kreisen. Wenn Esther verziehen hat, kann sie persönlich wachsen. Sie kann das Gelernte integrieren, und die Erfahrung, verzeihen zu können, verleiht ihr Kraft. Das gleiche gilt für Erwins aktive Verantwortungsübernahme und die Erfahrung, Wiedergutmachung leisten und Ausgleich schaffen zu können.
Ist dieser Schritt gegangen, sind Erwin und Esther endlich frei. Sie können gelöst auseinander gehen oder eine neue Art von Beziehung beginnen.
Mediation organisiert das Vergebungsgespräch unter Beachtung der psychologischen Gegebenheiten.
Oft wollen beide Beteiligten die Versöhnung, verhaken sich aber im Gesprächsverlauf ineinander.
Der innere Weg, jemanden um Verzeihung zu bitten, ist genauso voraussetzungsvoll (emotional herausfordernd, zeitbrauchend) wie der innere Weg, jemandem zu vergeben.
Wir wünschen allen Kolleg:innen ein gutes Händchen bei der Begleitung derartiger Prozesse und wünschen allen, die sich gerade mittendrin befinden die Kraft und Zuversicht, es zu einem guten Abschluss zu bringen.
Das ist glaube ich der längste Blogartikel, den wir bislang veröffentlicht haben. Umso mehr freuen wir uns über eine Rückmeldung von dir über das Formular unten!
(mit Dank an Tammy Lenski für die Inspiration)
Wir sagen: Deine Mitbewerber sind nicht das Problem. Hier verraten wir dir, welche Hürden du wirklich nehmen musst, wenn du Erfolg als Mediator:in haben möchtest….
Ja, Nein, ich mein….Jein! (frei nach Fettes Brot)
In meinem ersten Berufsleben war ich Simultandolmetscherin und Übersetzerin. Nach einer kurzen Zeit der Festanstellung als Dolmetscherin in Koblenz wollte ich mich als Übersetzerin selbstständig machen.
Damals habe ich beim so genannten Arbeitsamt einen Gründungszuschuss beantragt - und bewilligt bekommen. Zu den Voraussetzungen für die Zusage gehörte damals (wie heute) zwingend eine Wettbewerbs- und Konkurrenzanalyse.
So war die Denke:
Kennst du dieses Denken von dir selbst?
Du fragst dich vielleicht, ob du dir ernsthaft ein Mediationsgeschäft aufbauen sollst. Allerdings zögerst du noch. Denn dass dies mit Aufwand und Energie verbunden ist, das hast du während deiner Mediationsausbildung schon verstanden.
Die Fragen, die du dir gerade stellst, sind vermutlich:
Wenn wir gegen Ende der Mediationsausbildung mit unseren Teilnehmer:innen über dieses Thema sprechen und fragen, wer sich als Mediator:in betätigen möchte, dann hören wir immer wieder diese oder ähnliche Sätze:
Viele angehende Mediator:innen fokussieren ihre Energie auf ihre direkten Mitbewerber.
Wie machen die anderen Mediator:innen das?
Was für Qualifikationen hat meine Kollegin erworben?
Welchen Fall mein Kollege zuletzt mediiert?
Kannst du dich alles fragen….
Kannst du aber auch sein lassen.
Und auch nicht die Mediatorin mit den hochkarätigen Fällen, von der du schon häufiger in der Zeitung gelesen hast, dass sie – angeblich – Stuttgart 21 begleitet haben soll. Auch wenn das keine klassische Mediation war, aber das ist ein anderes Thema.
Was ich damit meine?
Es mangelt uns allen nicht an Konflikten. Weder individuell, noch als gesamte Gesellschaft geschweige denn auf der internationalen Ebene. Es gäbe also genug zu tun. Mehr als genug für uns alle.
Konflikte sind ein so verlässlich nachwachsender Rohstoff, das wir gar nicht genug ausgebildete Mediator:innen auf der Welt haben könnten.
Sondern sie kämpfen in dieser Frage gegen ganz andere Gegner.
Die Vorbehalte, Ängste und Glaubenssätze deiner potentiellen Medianden
In die Transformation dieser Gegner darfst du deine ganze Energie investieren. Hier lohnt es sich, richtig Gehirnschmalz aufzuwenden und Antworten zu finden auf die Frage: Was kann ich tun, damit diese Gegner ihre Kraft verlieren?
Eine ernst zu nehmende Konkurrenz ist also …dein potentieller Kunde! Die meisten Kunden von Konfliktmanagement-Angeboten entscheiden sich nämlich nicht zwischen dir und der Konkurrenz. Sondern sie überlegen, ob Sie dich buchen oder ob sie weiterhin die „Hände in den Schoß legen“. Oder ob sie weiterhin versuchen sollten, den Konflikt im eigenen Team selbst zu lösen.
Wenn du es also schaffst, dass Ayla ihren Konflikt mit Ralf löst, dann werden sie – unaufgefordert – ihren Freunden davon erzählen. Sprich: Werbung für dich machen.
Wenn du es also schaffst, dass die anfangs skeptische Führungskraft Sabine nach dem Auftragsklärungsgespräch mit dir sagt: „Frau Mediatorin, wir haben dafür zwar kein Budget, aber wir brauchen das unbedingt!“. Dann weißt du, dass sie ihrer befreundeten Team-Leitung und auch den Anderen aus ihrem Business-Netzwerk davon berichten wird.
Wenn du überzeugende Antworten für deine wahren Gegner gefunden hast, dann wirst du als Mediator:in angefragt.
Versprochen.
Dann wirst du sogar mehr Aufträge haben, als du bedienen kannst.
Seit 2015 bieten wir mit unserem Mediationsbüro das Seminar „Marketing für Mediatoren“ an. Früher in Präsenz, heute im Online-Format. Und häufig werden wir von Kolleg:innen oder Dritten gefragt, warum wir als Mediatoren eigentlich ein solches Angebot im Programm haben? Denn es sei doch wohl naheliegend und mehr als logisch, dass wir uns damit selbst – again – Konkurrenz machen. Oder etwa nicht? Sozusagen an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen… Ob wir das nicht auch so sehen?
Klar, auf den ersten Blick scheint das so. Auf den zweiten Blick haben wir im Laufe der Zeit jedoch festgestellt, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Also dass mehr Menschen nach Mediation fragen. Das wiederum bedeutet: Je mehr Leute auf dem Feld gute Arbeit leisten, desto mehr Früchte wachsen, desto mehr werden wir alle ernten. Und je größer das Feld wird, desto mehr potentielle Kunden werden davon erfahren.
Win-win, oder?
Also, jetzt du.
Ich bin gespannt.
Herzlich, Imke
Drei Ebenen der emotionalen Wahrnehmung: Großeltern – Eltern – Kind. Ein Blick auf die Verstrickungen
Zu den vielen Anlässen für eine Familienmediation zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern oder Elternteilen gehört immer wieder der strittige Umgang zwischen Großeltern und Enkelkindern. Regelmäßig bietet dieses Verwandtschaftsverhältnis Anlass für teils stark eskalierte Konflikte. Manchen Eltern fällt es schwer, den Umgang mit Oma und Opa überhaupt zuzulassen, andere Eltern lassen den Kontakt zwar zu, leiden jedoch stark darunter. In manchen Fällen führt dies sogar dazu, dass Eltern ihren eigenen Eltern und damit den Großeltern den Kontakt zu den Enkelkindern verbieten. Liegt ein solcher Konflikt vor, dann gilt es für uns Mediatoren in der Familienmediation besonders genau hinzuschauen.
Der Wunsch vieler junger Eltern, das eigene Familienleben schöner, besser und friedlicher zu gestalten als die eigenen Eltern dies in der Herkunftsfamilie getan haben, ist ein Vorsatz, der beinahe jede Familiengründung begleitet.
Und oft gelingt dies zu Beginn der Familiengründung auch. Junge Eltern haben mühselig gelernt, sich aus den alten Mustern zu befreien, die da hießen Schuldzuweisungen, Nichtbeachtung, in seinem Potential nicht erkannt werden, nicht ernst genommen werden, beschämt werden, das brave Kind sein müssen. Sie gründen eine Familie und schaffen es anfangs, sich den eigenen Kindern gegenüber anders zu verhalten, sich mehr zuzuwenden und wirklich zuzuhören. Mit zunehmendem Alter der Kinder ändert sich dies jedoch, besonders wenn Babys immer mehr zu kleinen Kindern mit eigenen Bedürfnissen werden und diese lautstark äußern. Dann erleben die Eltern, wie die Großeltern mit den Kindern Kontakt haben und vielleicht fallen dabei immer wieder Sätze wie: „Jetzt sei doch nicht so eine alte Heulsuse“ oder „Wie oft muss ich dir das noch sagen, bis du es begreifst?“ Oder es wird auch nur ein deutliches „Nein, ich will das nicht!“ des Kindes bewusst und wiederholt übergangen.
Eltern sind ratlos, weshalb sie als vermeintlich unbeteiligte Zuschauer der Situation so heftig reagieren. Plötzlich hören sie sich – als erwachsene Menschen – laut werden, aufbrausen, meckern, weinen oder sonstige „auffällige” Reaktionen zeigen – ähnlich denen ihrer kleinen Kinder. In der Folge kommt es zum Streit mit den Großeltern und manchmal auch zum Kontaktabbruch: Die Eltern wollen nun unter keinen Umständen mehr, dass die Enkelkinder zu den Großeltern gehen.
Es könnte sein, dass die jungen Eltern unter einem so genannten Entwicklungstrauma leiden. Dies entsteht, im Gegensatz zu dem eher bekannten Schocktrauma, nicht durch ein singuläres Ereignis, sondern im Verlauf der Biografie, wenn Kinder sich zu wenig gesehen fühlen, ihre Grenzen wiederholt überschritten werden, sie schreien gelassen werden oder es Bindungsunterbrechungen gibt, wie zum Beispiel längere Krankenhausaufenthalte (vgl. Dami Charf, www.traumaheilung.de/entwicklungstrauma)
Was also geschehen ist: Durch den Umgang der Großeltern mit den Enkelkindern werden die jetzigen Eltern mit Situationen konfrontiert, die bei ihnen tief vergrabene und schmerzhafte Erinnerungen an ihre eigene Kindheit hervorrufen. Und ebendiese Erinnerung löst bei ihnen Gefühle aus, die sie in frühester Kindheit abgespeichert, jedoch nicht integriert haben – und unter denen sie bis ins Erwachsenenalter leiden.
Sie kommen durch den Umgang der Großeltern mit den Enkeln mit ihrem alten Schmerz in Kontakt, der in ihnen allzu vertraut und damit immer noch in ihnen lebendig ist und der sie – auch heute als erwachsene Menschen – immer noch hilflos macht. Mit anderen Worten: Bei den Eltern wird das Innere Kind aktiviert. Das Innere Kind gehört zu einer modellhaften Betrachtungsweise innerer Erlebnisweltern, die durch Bücher von John Bradshaw sowie Erika Chopich und Margaret Paul bekannt wurden. Es bezeichnet und symbolisiert die im Gehirn gespeicherten Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen aus der eigenen Kindheit. Hierzu gehört das ganze Spektrum intensiver Gefühle wie unbändige Freude, abgrundtiefer Schmerz, Glück und Traurigkeit, Intuition, Neugierde und GEfühle von Verlassenheit, Angst oder Wut (vergl. https://de.wikipedia.org/wiki/Inneres_Kind).
Wenn Eltern jetzt aber den Kontakt zwischen Großeltern und Enkeln verbieten, schaffen sie in der besten Absicht, ihre Kinder zu schützen, einen neuen Schmerz, nämlich den zwischen Großeltern und Enkelkindern. Sie legen damit unbeabsichtigt den Grundstein für neue belastete Beziehungserfahrungen. Das Entwicklungstrauma der Eltern wird also ungewollt weitergereicht an die eigenen Kinder und an die Großeltern und kann von dort, wenn es keine Intervention von außen gibt, an weitere Generationen übertragen werden. Wir nennen dies das transgenerationale Trauma-Dreieck zwischen Großeltern – Eltern – Kind, bei dem ein Schmerz wie in einem Perpetuum Mobile von den Eltern über die Kinder an die Großeltern weitergereicht wird. Und die Vermutung liegt nahe, dass bereits die Großeltern in ihrer Kindheit Teil eines solchen Trauma-Dreiecks waren. Das heißt, dass schon während ihrer Kindheit schlechte Gefühle weitergereicht statt bearbeitet zu werden. Trotz der guten Absicht der Eltern, die eigenen Kinder vor dem Schmerz aus der eigenen Kindheit zu schützen, findet nun wieder eine ungewollte Verschiebung des Traumas statt.
Der blinde Fleck in der Familienmediation ist meist das Innere Kind des Elternteils, das den Kontakt mit den Großeltern abbricht. Also die innere, unverarbeitete Erlebniswelt dieser Eltern, die heute noch immer in ihnen wirksam ist. Wen wir als Mediatoren in der Konstellation also leicht übersehen können, ist das Innere Kind, das immer noch leidet, sich noch immer unverstanden, ungeliebt und nicht respektiert fühlt. Dieses Innere Kind hätte damals Empathie von seinen Eltern gebraucht und braucht, da es sie nicht bekommen hat, jetzt die Aufmerksamkeit und Sorge von uns Mediatoren. Eine mögliche Erkenntnis einer Familienmediation kann demnach darin liegen, dass eines der Inneren Kinder der Familienmitglieder (sowohl das Innere Kind der Eltern als auch das der Großeltern) bis heute nicht gut versorgt ist. Hier liegt in besonders schmerzhaften Fällen meist zusätzlicher Therapiebedarf vor. Die Aufgabe von uns Mediatoren ist es, aus dem Trauma-Dreieck hinausführen, indem wir die Entflechtung zwischen den realen Personen und den Inneren Kindern für unsere Medianden offenlegen und diese möglichst transparent machen.
Wie erkenne ich, ob mein Inneres Kind Fürsorge braucht?
Als Mediatoren sind wir ständig damit befasst, zwischen verschiedenen Welten zu vermitteln und zu übersetzen. In diesem Fall sollte uns bewusst sein, dass wir nicht nur im Hier und Jetzt mediieren, sondern sozusagen über die Zeit hinweg vermitteln. Daher lohnt sich für uns stets die Frage:
Wenn es in einer Mediation zu einem Verständnis des Trauma-Dreiecks und der Interdependenz zwischen den verschiedenen emotionalen und zeitlichen Ebenen gekommen ist und es darüber hinaus möglich ist, sich im geschützten und moderierten Rahmen über diese alten Verletzungen auszutauschen, Verständnis zu bekommen, Vergebung zu gewähren und Versöhnung zu erfahren, dann kann die aktuelle Beziehung von Eltern, Großeltern und Enkeln aus alten Mustern befreit und wieder neu gelebt und gestaltet werden – und die Empathie mit den eigenen Kindern findet wieder im Hier und Jetzt und ohne alten Ballast statt.
Alles könnte so schön sein, wäre da nicht dieser Konflikt zwischen Frau Karabulut und Herrn Kornfeld. Die Stimmung im Team ist auf Tiefststand, längst sind verschiedene Projekte im Verzug und auch Du als Leitung und Führungskraft hast morgens nicht mehr so richtig Lust, in die Firma zu gehen: Überall diese langen Gesichter und die subtile Spannung, die sich auf alle menschlichen Begegnungen legt. Du hast versucht, mit ihnen zu reden, hast mehrere Team-Meetings einberufen, was alles nichts geändert hat und mittlerweile ertappst Du dich bei – zugegebenermaßen unfairen – Gedanken wie: ‚Wieso können die sich nicht zusammenreißen? Meine Mitarbeiter werden hier schließlich fürs Arbeiten bezahlt, nicht für diese Kindergartenspiele!‘
Dazu klären wir zu Beginn: Wer hat das Problem?
Problemdefinition
Es gibt also ein Problem. Wenn Du Dich bei uns meldest, interessiert uns als Erstes: Was ist das denn für ein Problem? Und wer ist davon direkt betroffen? Wer leider indirekt darunter? Wir brauchen also einerseits eine ungefähre Vorstellung dessen, was gerade aktuell im Unternehmen passiert.
Gleichzeitig möchten wir herausfinden: Okay, das ist gerade belastend und wie wäre es denn anders, nachdem wir gearbeitet haben? Anhand deiner Antwort klären wir dann unsere interne Frage, die da lautet: Brauchst Du Konflikt-Coaching, Supervision, Teambuilding, Organisationsentwicklung oder vorrangig und dringlich im ersten Schritt eine Team-Mediation?
Wenn Dein Problem in etwa einem der folgenden Szenarien entspricht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um einen (oder mehrere und sich überlagernde ) Konflikte handelt. Dann ist Mediation das angemessene Verfahren.
Typische Konfliktszenarien:
Wenn es einen handfesten Konflikt gibt, dann brauchst du eine Mediation oder ein Konflikt-Coaching für deine Führungskraft und häufig auch beides parallel. Heißt: Wir stärken die Leitung, indem wir ihre Fähigkeiten zum Führen im Konflikt entwickeln und arbeiten mit dem Team daran, dass es wieder eine kooperierende Gemeinschaft wird.
Bevor wir miteinander arbeiten, beraten wir dich als Auftraggeber:in vorab so zielgerichtet, dass Du automatisch das passende Format wählst. Warum das wichtig ist? Weil Du und Dein Team weder Zeit noch gegenseitiges Vertrauen mit einem unpassenden Format verlieren wollt.
Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesen ganzen Bäumen im Wald der Beratungsformate?
Hier ein kurzer Abriss, was die fünf wesentlichen Methoden im Kern voneinander unterscheidet.
Supervision bedeutet die Reflexion des beruflichen Handelns, und zwar vor allem bei Menschen, die mit Menschen arbeiten, häufig im sozialen Bereich, denkbar sind aber auch Kundendienst, Service und Verkauf. Themen sind: Wie gestalte ich meine Rolle gut aus? Wie bleibe ich professionell? Bin ich emotional beteiligt, weil mich die Situation des Klienten an eigene Themen erinnert oder weil ich nicht weiter weiß? Oder ich brauche eine Fall-Supervision zu einem/einer Klient:in. Kurz: In der Supervision geht es um meine berufliche Rolle. Es kann durchaus schwierig sein, ich bin aber nicht selbst an einem Konflikt beteiligt.
In der Team-Mediation werden Konflikte besprochen. Es gibt echte (direkte) Konfliktbeteiligte und indirekt Betroffene. Es gibt Konfliktthemen (Worum geht es hier in diesem Konflikt?) und das Ganze ist zu groß, zu komplex oder zu sensibel, als dass man es alleine gelöst kriegt. In der Regel ist es als Leitung oder Vorgesetzte schwer bis unmöglich, Team-Konflikte alleine mit dem Team zu klären. Stichwort: Eigene Beteiligung durch die Rolle als Leitung. Im Konfliktfall lauert hinter jeder Ecke eine Stolperfalle für Führungskräfte. Das fängt manchmal schon damit an, wie Du die Veranstaltung der Team-Mediation betitelst und mit welchen Worten du eine Team-Mediation an das Team kommunizierst.
Und ja, bei Team-Mediation arbeiten auch wir Mediator:innen als Team in Co-Mediation. Welchen konkreten Nutzen das für Dich als Leitung hat, erläutern wir weiter unten in diesem Blogbeitrag.
Beim Teambuilding geht es eher darum, dass aus kompetenten Einzelpersonen ein arbeitsfähiges Ganzes, ein echtes Team wird: also, dass die Teammitglieder sich besser kennenlernen und gemeinsam spielerisch Aufgaben bewältigen, um ihre Zusammenarbeit zu verbessern, es geht darum, sich einzuspielen, zusammenzuwachsen, aber auch gemeinsam Ziele zu entwickeln und Strategien zu planen, um diese Ziele zu erreichen. Ein Tag im Hochseilgarten ist so ein klassisches Teambuilding-Beispiel. Um es deutlich zu sagen: Team-Mediation ist kein Wohlfühlevent dieser Art. Hier werden ernste Probleme und schwierige Themen besprochen. Das kann auch team-bildend sein, ist aber trotzdem etwas ganz anderes. Dieser Unterschied ist wichtig, vor allem auch in der Kommunikation mit dem Team!
Organisationsentwicklung hat eine langfristige Perspektive. Hier liegt kein akuter Konflikt vor, dennoch hakt es gerade, häufig im Bereich der Weiterentwicklung. Deshalb interessiert uns dann: Wann wurde die Organisation gegründet und wie weit ist sie in der Zeit gewachsen? In welchen Bereichen ist sie besonders reif, in welchen Feldern besteht noch Entwicklungsbedarf? Wir sprechen mit alle Beteiligten, schauen auf die Organisation, ihre Strukturen und die Ziele des oder der Teams. Vielleicht müssen Teams zusammengelegt oder geteilt werden oder Positionen verändert werden. Mediation kann Bestandteil oder der (akute) Auftakt für eine (längerfristige) Organisationsentwicklung sein.
Zuletzt zum Thema Konflikt-Coaching:
Es kann sinnvoll sein, während eines Mediationsprozesses Coaching einzubauen, wenn klar wird, dass auch die Leitung oder Führungskraft eine Rolle im Konflikt einnimmt. In einem Coaching werden Rolle, Stil und Handlungsmöglichkeiten der Führungskraft besprochen. Hier ist ein Raum für vertrauensvolle Fragen, auch Unsicherheiten dürfen hier ihren Platz finden.
Konfliktcoaching als Bestandteil von Führungskräftechoaching fokussiert die Aufmerksamkeit auf folgende Fragen:
Was an deinem aktuellen Handeln kannst du jetzt verändern, um die Klärung nach vorne zu bringen?
Was kannst du für den Moment konstruktiv beiseite lassen? (z.B. Schuldvermutungen, Ursachenforschung, psychologische Zuschreibungen…)
Wir arbeiten also an Fragen wie: Wo sind noch Lernfelder, was könnte anders gemacht werden, welche Ziele gibt es und was hindert daran, sie zu erreichen? Coaching ist Arbeit mit einer einzelnen Person, um sie in Zielsetzung, Umsetzung und persönlicher Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Je sicherer eine Leitung in seiner/ihrer Rolle ist, desto größer sind wiederum die Gelingensbedingungen für eine Mediation.
Mediation und Konflikt-Coaching gleichzeitig? Auch hier hilft es dann, wenn die Mediator:innen zu zweit sind – doch dazu später mehr.
Die nächste Frage, die wir Dir stellen werden, ist: Was habt Ihr schon probiert, um den Konflikt zu lösen und warum hat das nicht funktioniert? Was hat bisher verhindert, dass das Team den Konflikt selber klärt? Die meisten Konfliktklärungsversuche scheitern an ein paar klassischen Gründen, nämlich:
Verstricktheit: Häufig hat eine Person versucht, zu vermitteln, die selbst auf gewisse Art beteiligt ist. Ein Klassiker ist, dass sich jemand über eine:n Kolleg:in beschwert und die Abteilungsleitung versucht, zu vermitteln, während sie gleichzeitig Kündigungs-Szenarien im Kopf durchgespielt hat und darüber nachdenkt, ob sie auf die Person überhaupt verzichten und wenn ja, wie sie diesen Mitarbeiter:in ggf. ersetzen kann.
Überkomplexität der Handlungsmöglichkeiten: Dazu kann kommen, dass die Leitung wenig Erfahrung im Bereich der allparteilichen Vermittlung hat und nicht weiß, was Führen im Konflikt bedeutet. Das heißt, sie fällt aus ihrer Führungsrolle und agiert als (konfliktbeteiligter) Mensch. Das Thema »Führen im Konflikt« werden wir weiter unten noch vertiefen.
Ignorieren und Hoffen: Eine beliebte Nicht-Methode besteht darin zu versuchen, den Konflikt unter den Teppich zu kehren und zu hoffen, dass schon alles von selbst wieder gut wird. Ganz ehrlich: Das berühmte ‚Es renkt sich bestimmt schon wieder ein‘ haben wir als Mediator:innen so noch nicht erlebt :)
Lösung auf Befehl: Gerne wird Konfliktbeendigung per ‚Diktat‘ von oben versucht. »Vertragt euch doch wieder!« »Reißt euch zusammen!« Oder auch: »Ich erwarte von euch, dass ihr das schafft.« Unsere Vermutung: Wenn das Team dazu in der Lage wäre, hätte es das bereits längst getan, oder?
Systemchaos: Aufgrund steter Umstrukturierungen kommt keine Ruhe ins Team und es ist kein Raum da, um Dinge zu klären, da alle damit beschäftigt sind, sich – scheinbar ohne Pause – auf die neue Situation einzustellen oder sich zu fragen, ob sie in der neuen Struktur überhaupt noch an Bord sein werden.
Wenn die Lösung das Problem ist: Meinungsstarke Konfliktbeteiligte haben eine (aus ihrer Sicht ideale) Lösung im Sinn, die sie informell umzusetzen trachten. Die anderen erfahren dies als Unwillen, in den Dialog zu gehen und ziehen sich aus konstruktiven Gesprächen zurück.
Wir haben uns jetzt eine Übersicht verschafft darüber, welcher Art Euer Problem ist und was ihr schon versucht habt, um es zu lösen bzw. woran es bisher gescheitert ist. Nehmen wir einmal an, wir haben festgestellt: Es ist ein Konflikt und wir einigen uns auf einen Mediationsprozess. Dann möchten wir jetzt wissen, wohin die Reise gehen soll. Was wäre aus Deiner Sicht ein wirklich perfektes Ergebnis unserer Zusammenarbeit? Was wäre das Paradies, die Utopie?
Ziele, die gerne genannt werden, sind:
Diese Ziele können sich während des Mediationsprozesses verändern, das ist ganz normal. Möglicherweise ergibt die Konfliktklärung, dass es möglich ist, ein professionell gut kooperierendes Team wiederherzustellen, dass bestimmte Antipathien aber nicht gänzlich aus der Welt zu räumen sind. Dann fühlt es sich vielleicht nicht exakt nach Partystimmung an im Büro, aber nach ausreichend Wohlwollen, Toleranz und - last but not least - die Arbeitsabläufe funktionieren wieder und damit ist dann bereits ein großer Meilenstein gewonnen.
Mehr zum Thema „Was ist eine erfolgreiche Mediation?“ findest Du am Ende des Artikels.
Wir haben jetzt ca. 20 Minuten miteinander telefoniert und es zeichnet sich ab, dass wir vielleicht miteinander arbeiten könnten. Dafür brauchen wir als nächstes eine gründliche Auftragsklärung. Hierzu verabreden wir uns mit Dir für ein ca. 1,5-stündiges Gespräch entweder in Präsenz oder online. Das hat mehrere Vorteile. Zum einen wissen wir danach sehr genau über Euer Problem Bescheid. Und zum anderen bekommst Du ein Gefühl dafür, wie wir arbeiten.
Am Ende dieser gründlichen Auftragsklärung steht der Abschluss eines Vertrags – oder nicht. Du kannst hier noch sehr kostengünstig abbrechen, dann hat es Dich nur dieses Gespräch gekostet.
Wenn Du dich für eine Zusammenarbeit mit uns entscheidest, werden wir als nächstes einen groben Plan für unser Vorgehen erarbeiten – Änderungen vorbehalten, weil Konflikte dynamisch sind und niemand vorhersehen kann, welche Wendungen sie unterwegs nehmen, welche neuen Details ans Licht kommen. Dafür brauchen wir eine gewisse Freiheit. Bei Mediation fahren wir auf Sicht. Konflikte können streckenweise regelrecht chaotisch sein. Deswegen planen wir den Mediationsprozess Schritt für Schritt.
In der Regel werden wir erst einmal einen Tag lang mit dem Team arbeiten, und zwar zum schnellstmöglichen Datum. Ein zweiter Tag folgt einige Wochen später. Dazwischen kann es Einzelgespräche oder kleine Mediationen zwischen einzelnen Beteiligten geben. Wir gehen aber jeden Schritt mit Dir durch und werden uns zwischen allen Terminen mit Dir rückkoppeln. Aus Vertraulichkeitsgründen werden wir Dir immer nur Ergebnisse mitteilen, nie aber konkrete Gesprächsinhalte, diese bleiben vertraulich. Wenn Frau Karabulut zum Beispiel schlecht drauf ist, weil sie sich um ihre schwer kranke Mutter kümmern muss, dann erfährst Du das nicht (Es sei denn, sie teilt es Dir von sich aus mit). Was wir Dir sagen, ist sowas wie, dass der Kernkonflikt zwischen Frau Karabulut und Herrn Kornfeld auf der Lösungszielgeraden ist, was sich bereits positiv auf alle anderen auswirkt, wobei aber noch ein Seitenkonflikt zwischen anderen Teammitgliedern aufgetaucht ist, der bisher nie zur Sprache kam, und dass wir dafür noch einen zweiten Tag brauchen. Wir werden Dich gewissermaßen, falls nötig, um Mandatsverlängerung bitten. Es kann auch passieren, dass wir Dich (teilweise) um eine Teilnahme an der Mediation bitten. Wie das aussieht, erklären wir im nächsten Abschnitt.
Am Ende des Prozesses machen wir mit Dir ein Auswertungsgespräch, um zu sehen, was unsere Arbeit gebracht hat. Und dann kommt noch mal eine Nachfrage nach mehreren Wochen oder Monaten, um zu überprüfen, ob die erarbeiteten Lösungen tragen, das Team weiterhin stabil ist oder es noch eine Nachjustierung braucht.
Wir haben es eben schon erwähnt: Es kann sein, dass wir Dich zur Mediation hinzubitten. Wenn wir den Eindruck haben, dass alles geklärt ist, was es auf der Ebene des Teams zu klären gab, aber noch Themen übrig sind, die wir nur unter Beteiligung der Führungskraft klären können, holen wir Dich in den Prozess rein. Das kann manchmal herausfordernd sein, denn in einer Mediation sind alle Teilnehmer:innen gleichberechtigt – Du nimmst demnach als Konfliktbeteiligte:r teil, nicht als Führungskraft. Das bedeutet, dass Du Dich auch als Mensch zeigen und zu Deinen Gefühlen und Interessen stehen darfst. Konflikt bedeutet Reibung, und Reibung erzeugt – Nähe. Das kann erstmal etwas befremdlich sein. Auch wenn Du es nicht vermutest, kannst Du als Vorgesetzte:r Teil eines Teamkonfliktes sein, und sei es nur deshalb, weil der Konflikt Dich belastet und Deine Entscheidungen oder Deinen Führungsstil beeinflusst, Du Dich fragst, ob Du irgendetwas „falsch” gemacht hast oder Du unter Druck bist, weil der Konflikt der anderen Teammitglieder dich vom Arbeiten abhält. Das heißt, Du bist nicht wirklich unbeteiligt, selbst wenn der Konflikt Dich nicht direkt angeht.
Wenn Du Dich als Führungskraft auch nur über den Konflikt ärgerst, bist du schon Teil des Konfliktes.
Vielleicht bist Du nicht Teil des Kerns des Konfliktes, sondern eher am Rand, aber Du bist bereits emotional involviert. Und damit bist Du drin. Wir werden dich dazu motivieren, dass Du diese Verantwortung übernimmst. Das praktische ist: Du kannst in dem Moment Deine Führungsrolle an uns Mediatoren abgeben und ganz bei Dir bleiben. Das schafft Entlastung. Als Unbeteiligte können wir für die Dauer des Prozesses die Führung im Konflikt für Dich übernehmen. Es ist völlig normal und menschlich, dass man nicht mehr gut führen kann, wenn man selbst involviert ist und über eigene Anliegen spricht. Selbstverständlich achten wir bei Dir, ebenso wie bei den Team-Mitgliedern, stets darauf, dass alle Inhalte in einer Form geäußert werden, die Kritisches hörbar und verdaubar macht und menschlich wertschätzend bleibt.
Jetzt haben wir schon zwei Mal über Führen im Konflikt gesprochen, aber was bedeutet das eigentlich?
Im Idealfall haben Vorgesetzte, Chefs und Chefinnen, Geschäftsführer:innen, Abteilungsleiter:innen und andere Führungskräfte gelernt, wie man andere Menschen anleitet, Teams und Arbeitsabläufe organisiert und Ziele erreicht. In kleinen Unternehmen sind viele Vorgesetzte in diese Rolle mehr oder weniger reingerutscht und haben sich vielleicht eher intuitiv als explizit einen bestimmten Führungsstil angeeignet, während in großen Unternehmen dafür Fortbildungen angeboten werden. Was jedoch weder in kleinen und mittelständischen Unternehmen, noch in großen Unternehmen standardmäßig angeboten wird, sind Fortbildungen zum Umgang mit Konflikten. Deshalb ist es - mehr oder weniger - irrelevant, welche Führungskompetenzen und welchen Stil man hat: Das sogenannte Führen im Konflikt ist für alle leitenden Personen eine Herausforderung. Es bedarf besonderer Kompetenzen, die nicht bei allen Menschen voll entwickelt und die auch nicht selbstverständlich Teil von Führungskräftetrainings sind.
Wir sind durch unser ethisches Selbstverständnis angehalten, Prozesse so schlank wie möglich zu gestalten, aber auch die Versprechungen, die wir geben, so realistisch wie möglich zu halten.
Je stärker einer oder mehrere der oben genannten Faktoren ausgeprägt sind,
Eine kleine chinesische Knolle bearbeitet eine:r von uns alleine vielleicht schon an einem Tag. Aber bei einem sehr lange währenden Konflikt mit 22 Personen, der dazu hoch eskaliert ist, wäre es unrealistisch, für eine solche 'Zwiebel' die gleichen Ressourcen zu veranschlagen. Wenn wir schon in der Auftragsklärung hören, dass es sowohl Gruppenkonflikte als auch Einzelkonflikte gibt, werden wir als Team intervenieren. Dies hat den unschätzbaren Vorteil, dass ein Mediator mit der Gruppe arbeiten kann, und der andere Mediator die Menschen mit den Zweierkonflikten in Einzelmediation begleiten kann. Manchmal müssen wir auch beide im Boot sein, wenn etwa die Prozesse sehr komplex sind, um die Tragweite bestimmter Punkte zu verstehen, oder der Konflikt mehr als eine Handvoll Leute betrifft. Hier zeigt sich übrigens, warum es in jeder Hinsicht sinnvoll ist, sich so früh wie möglich um Konfliktklärung zu kümmern, denn je kleiner und „frischer” er ist, desto weniger Ressourcen braucht es (normalerweise), den Konflikt zu lösen .
Auch aus pragmatischen Gründen arbeiten wir gerne zu zweit: Wenn eine:r krank ist, kann immer noch der andere alleine arbeiten, ohne dass man einen neuen Termin anberaumen muss und wertvolle Zeit verliert.
Du bekommst unseren Kostenvoranschlag und bist vielleicht erstmal erstaunt. Möglicherweise hattest Du mit einer geringeren Summe gerechnet?
Die Frage, die wir Dir gerne stellen möchten, ist: Was kostet es Dich, wenn du keine Mediator:innen ins Boot holst?
Bist Du vom Fachkräftemangel betroffen? Was ist, wenn Leute abwandern, weil sie aufgrund des Arbeitsklimas in dem Unternehmen nicht mehr arbeiten möchten: Bekommst Du leicht neue Fachkräfte? Qualifizierte Mitarbeiter:innen sind häufig bereits gebunden. Wenn Du sie abwerben willst, musst Du ihnen wahrscheinlich bessere Konditionen bieten. Mittlerweile haben vielleicht ehemalige Mitarbeiter:innen schlechte Bewertungen auf einem der Arbeitgeber-Bewertungsportale geschrieben und es bewirbt sich kaum jemand, weil sie gehört haben, dass es „da schlecht läuft”. Wenn Du die Stellen dann doch neu besetzt bekommst, müssen die neuen Mitarbeiter:innen auch erst einmal von jemandem eingearbeitet werden, was wiederum ebenfalls Ressourcen bindet.
Vielleicht kündigt (erstmal) niemand, aber womöglich wird die Arbeitsmoral in einem schlechten Betriebsklima weiter sinken. Mitarbeiter:innen melden sich vielleicht häufiger krank, weil sie weniger Motivation empfinden, zur Arbeit zu gehen oder weil sie tatsächlich psychische Krankheiten entwickeln durch Burnout und Stress. Vielleicht entwickelt sich aus dem Konflikt über die Zeit ein Form des Mobbing, was ebenfalls dazu führt, dass die Mitarbeiter nicht mehr arbeiten oder krank sind.
Oder der Team-Konflikt schwappt auf die Leitungsebene über, die sich wiederum nicht einig ist, wie dieser Konflikt zu lösen ist und es wird absehbar, dass auch hier Zeit investiert werden muss, um die neuen Meinungsverschiedenheiten unter Geschäftsführenden zu klären. Oder andere Teams werden mit hineingezogen…
Gibt es da überhaupt noch gute Nachrichten?
Oh ja: Ein Konflikt hat immer konstruktive Nachrichten, die gehört werden wollen.
Allerdings: Wenn das nicht geschieht, erhöht er die Lautstärke durch Eskalation!
Ignorieren funktioniert also in der Regel nicht, sondern verschlimmert die Situation.
Wenn Du jedoch den umgekehrten Weg gegangen bist und in eine begleitete Konfliktklärung investiert hast, dann zeigt sich das meist ziemlich bald auf mehreren Ebenen. Plötzlich ist da wieder Zeit für die eigentliche Arbeit. Die Stimmung in den Mittagspausen wird spürbar freundlicher und gelöster. Wenn es einen unvorhergesehenen Notfall gibt, besteht mehr Bereitschaft, einander im Team zu helfen und zu unterstützen. Und so weiter, und so fort.
Wir arbeiten ja eigentlich immer an unserer eigenen Abschaffung: Je besser Mitarbeitenden ihre Konflikte selbst regeln können, desto besser haben wir unsere Arbeit gemacht.
Du hast also idealerweise danach ein stärkeres, motivierteres und sozial besser funktionierendes Team. Das ist schon ein Wert an sich und ein Wert für das Team. Es gibt aber auch einen direkten Nutzen für Dich persönlich als Leitung. In der Regel wirst Du allein schon dafür, dass du den Prozess in die Wege geleitet hast, Wertschätzung bekommen. Das heißt nämlich, dass Du den Konflikt ernst nimmst. Damit zeigst Du, dass Du Dich um Deine Mitarbeitenden kümmerst, Zeit und Geld für sie investierst und vielleicht sogar bereit bist, Dich der Angelegenheit persönlich zu stellen. Das schafft auch Vertrauen. Das fördert auch eine Form der psychologischen Sicherheit auf der unterbewussten Ebene. Denn fortan weiß ich als Mitarbeiterin: Konflikte? Lösen wir hier gemeinsam!
Es entsteht der Eindruck, dass man sich auf Dich als Führungskraft wirklich verlassen kann, wenn es ein Problem gibt. Das schafft Vertrauen.
Wann ist das Ergebnis einer Mediation auch ein Erfolg? Wenn Du ein Mensch bist, der gerne belastbare Zahlen hört, dann würden wir sagen: in etwa 80 Prozent der Fälle erreicht die Mediation das Ziel, das wir in der Auftragsklärung gesetzt haben. Das heißt, bis auf wenige Ausnahmen ist das Team wieder arbeitsfähig, Menschen verhalten sich freundlicher und die Arbeit geht leichter von der Hand und macht wieder Freude. Das ist die reine Sachebene.
Wenn wir hingegen mit unserem transformativen Ansatz darauf schauen, dann liegt die Erfolgsquote sogar bei 100 %. Denn: Es gibt wirklich keine Mediation, bei der aus unserer Sicht nicht mindestens eine Person irgendetwas Grundlegendes über sich oder über das Konfliktgeschehen verstanden hat. Das Spannende ist ja, dass sich während des Mediationsprozesses häufig die Perspektive darauf verschiebt, was das Ziel oder der Sinn der Mediation ist. Ursprünglich dachte man vielleicht, wie toll es wäre, wenn sich alle im Team viel öfter sehen würden. Und unterwegs stellt man fest: Das will ich eigentlich gar nicht. Ich will die Mitarbeiter unbedingt behalten und das in einer guten Atmosphäre, aber ich brauche auch keinen Ersatz-Freundeskreis. Das ist ein Reifungsprozess und deswegen ist das dann auch ein gutes Ergebnis, selbst wenn das ursprüngliche Ziel des Ersatz-Freundeskreises nicht erreicht wurde.
Für die Mediation gilt ganz besonders: Der Weg ist das Ziel. Denn der springende Punkt ist, dass sich nicht nur das Ziel verändert, sondern auch die Auftraggeber:in mit ihren/seinen Wünschen und Zielen. Was hast Du am Anfang gedacht, erhofft und erwartet? Was hast Du zwischendurch vielleicht befürchtet? Gedanken wie: "Das bringt nie was?” Auch diese Momente der Hoffnungslosigkeit sind wir in der Lage zu begleiten…
Und dann kommt am Ende oft eine Erleichterung und ein Staunen: Krass der Tag mit dem Team war total anstrengend, aber es gab zum ersten Mal seit Langem wieder Wertschätzung vom Team für unsere Rolle als Leitung!
Und das tut gut, oder?
Deshalb möchten wir euch ermutigen, die Online-Mediation anzugehen und versuchen, euch durch Hinweise zur technischen Vorbereitung und handwerklichen Umsetzung im virtuellen Raum die Angst vor der Online-Mediation zu nehmen.
Das Wichtigste ist: Mediation lebt und gelingt dann, wenn ihr eine vertrauensvolle Beziehung zu euren Medianden aufbaut. Das gilt umso mehr für den virtuellen Raum. Gestaltet hier – noch mehr als ihr das sonst tut – eine vertrauensvolle Beziehung zu euren Mediand:innen. Dies gelingt, indem ihr einige (technische) Vorsorgemaßnahmen für die Online-Mediation trefft.
Nehmt eure Medianden mit ins Boot. Erklärt ihnen vorher, wo die Fallstricke bei der Technik liegen könnten und was der Plan-B ist, wenn wirklich Schwierigkeiten auftreten. Das könnte ihr per Mail mit einer kurzen Checkliste für eure Medianden tun, über ein vorheriges Telefonat oder ihr vereinbart einen Tag vor der eigentlichen Mediation einen kurzen Technikcheck auf dem Videokonferenztool eurer Wahl.
Was auch immer ihr tut: Alles, was das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen erhöht, ist hier gefragt. Ihr ersetzt das Kennenlernen und den Smalltalk im Flur, der normalerweise bei der ersten Begegnung in Präsenz gerne ein wenig Zeit in Anspruch nehmen darf, durch eine sorgfältige Vorbereitung. Dies gilt für das Vertrauen in die Technik – und damit für das Vertrauen in euch als professionelle Mediator:in.
Denn: Die Medianden genießen die Gewissheit, dass ihr etwaige Pannen im Vorfeld gut mitgedacht habt (= „Ah, eine erfahrene Mediator:in…“) und sie sind in der Regel dankbar, wenn ihr in eurer professionellen Rolle ansprechbar und zugewandt für „Nebenthemen“ bleibt. Wenn ihr ihnen also bereits vor der Mediation auf der Beziehungsebene eine Arbeitsprobe von euch gebt, indem ihr ein offenes Ohr für die Sorgen und möglichen Bedenken habt, die sie als Medianden in Bezug auf eine Online-Mediation (noch) hegen.
OK, und wie sieht das jetzt in der Praxis aus?
Das notwendige Maß der Absprache variiert natürlich je nach Vorerfahrung der Medianden. Auch da ist dein Fingerspitzengefühl als Mediator:in gefragt.
Soweit zur Vorbereitung. Und jetzt nochmal zu den guten Nachrichten (die wiederholen wir so gerne): Die weitere erfolgreiche Durchführung deiner Online-Mediation ist unserer Erfahrung nach – genau wie in der Präsenz – sehr stark abhängig von deinen professionellen mediatorischen Fähigkeiten als empathische und strukturierende Prozessbegleiter:in und (weitestgehend) unabhängig davon, welche Technik du im Einzelfall benutzt. Hauptsache, du kannst sie im Schlaf bedienen.
Deshalb: Nur Mut!
Und zum Abschluss noch eine kurze Übersicht unserer bisherigen Erfahrungen zu Vor- und Nachteilen von Online-Mediationen.
Wie sind deine Erfahrungen mit Online-Mediationen? Wie siehst du die Zukunft der Mediation, wird Online-Mediation dauerhaft bleiben oder gibt es bald eine Renaissance der Präsenz-Mediation?
Wir freuen uns über dein Feedback.
Fehlt noch ein Aspekt, den wir nicht bedacht haben?
Haben dir diese Informationen geholfen?
Und was du daraus lernen kannst....
Neulich haben wir unsere alten Unterlagen aufgeräumt und sind über unsere Ziele für das Jahr 2018 gestolpert. Dabei haben wir ganz schön gestaunt. Es war irgendwie wie eine lustige Zeitreise, weil uns dabei aufgefallen ist, wie viel sich seitdem bei uns verändert hat. Denn wenn man drinsteckt, in dieser berühmten Lernkurve, dann erkennen wir das ja gar nicht, dass wir uns gerade verändern… Kommt dir das bekannt vor?
Und ganz besonders haben wir gestaunt, weil ja inzwischen eine Pandemie nicht nur unser, sondern unser aller Geschäft grundlegend verändert hat. Wir haben das zum Anlass genommen und erinnern uns also heute noch weiter zurück nämlich an unsere allerersten Anfänge als Mediator:innen und teilen heute mit dir, welche Fehler wir – aus unserer heutigen Sicht – damals ganz zu Beginn unserer Selbständigkeit gemacht haben in unserem eigenen ‚Marketing für Mediator:innen‘. Fehler sind was Schönes, findest du nicht auch? Denn du weißt ja, Fehler kommt nicht von ‚falsch‘, sondern von ‚fehlen‘. In diesem Sinne möchten wir mit dir teilen, woran es bei uns anfangs gemangelt hat. Das waren ganz unterschiedliche Dinge, doch lies am besten selbst, welches unsere fünf größten Fehler bei unseren eigenen Marketingaktivitäten waren.
Rüdiger hatte eine Phase, da wollte er gerne bekannt werden. Er hatte seine Geschäft gerade erst gestartet und war noch nicht so bekannt. Sein Ziel: Er wollte, dass seine Webseite sichtbar wird und wusste auch, wie er das hinkriegt. So zumindest dachte er. Was hat er gemacht? Viel Geld in die Hand genommen und wahllos in Google-Ads investiert, die auf den Internetauftritt von RheinMediation gelenkt haben. Hat es ihm was gebracht? Nein, denn er hatte keine konkrete Vorstellung von seiner Zielgruppe und deswegen keine Ahnung, was diese sich von Mediation in konkreten Worten versprechen würde. ‚Die Seite irgendwie bekannt machen‘ war jedenfalls einen winzigen Hauch zu unkonkret.
Womit wir schon beim zweiten Fehler angekommen sind. Wir waren der Überzeugung, Mediation ist doch für alle Menschen gut, davon profitiert doch nun wirklich jeder und jede Einzelne.
Also sprechen wir einfach alle an! Leider ist es so: Wenn wir zu allen sprechen wollen, sprechen wir zu niemandem im Speziellen, es hört uns also keiner zu. Warum erreichen wir damit nur sehr wenige Medianden? Weil wir versuchen, jede Eventualität zu erfassen und das führt zu sehr abstrakten Formulierungen. Was soll dabei anderes herauskommen als Allgemeinplätze?
Da ja Mediation irgendwie jeder gebrauchen kann, haben wir zu häufig Anfragen angenommen, die nicht bei drei auf dem Baum war. Ehrlich gesagt, haben wir sogar die Bäume solange geschüttelt, bis wir auch diejenigen mediieren konnten, die eigentlich noch gar nicht reif für den Prozess waren. Was war daran schwierig? Das war zum einen nicht redlich, zum anderen ist eine Mediation voraussetzungsreich: Es braucht nicht nur motivierte und kompetente Mediator:innen, sondern auch Medianden, die spüren oder wissen, dass sich nicht nur die Lösungsideen, sondern auch ihr Lösungsweg ändern muss. Ob dieses Bewusstsein zumindest in Ansätzen vorhanden ist - dies gilt es im Vorgespräch herauszufinden.
Keine Angst, ich meine nicht, dass wir während der Mediation nicht richtig hingehört hätten. Sondern im Vorfeld: Welche Nöte plagen Menschen, bevor sie die nicht ganz so leichte Entscheidung treffen, die Probleme, die sie miteinander haben, vor wildfremden Menschen auszubreiten? Was genau erhoffen sie sich von der Mediation und was von uns Mediatoren? Ich glaube, damals waren wir zu viel in das Format ‚Mediation‘ verliebt, wo wir lieber in unsere Medianden verliebt hätten sein sollen. In dem Sinne, dass wir nicht sie versuchen, von Mediation zu überzeugen, sondern sie sich von uns verstanden fühlen und darum überzeugt sind, dass wir die Richtigen sind, um ihnen zu helfen.
Eine Mediationsausbildung ist teuer. Richtig teuer. So dachten wir damals. Und als wir das ganze Geld ausgegeben hatten, haben wir uns gesagt: So, das muss nun reichen! Was wir damals noch nicht verstanden haben waren die Parallelen zum Hausbau: Eine Mediationsausbildungs ist das Fundament, ohne das alles Nichts wäre. Ein bewohnbares Haus braucht aber mehr als ein Fundament und wird Etage für Etage gebaut. Damit, dass wir nun mediieren konnten, haben wir zwar das Fundament für unsere Selbständigkeit als Mediator:in gelegt. Aber weder sind direkt nach der Ausbildung die Wände gebaut, noch liegt das Dach obenauf, von der Einrichtung ganz zu schweigen.
Und nun stell dir vor, dir würde der Häuslebauer von nebenan sagen: ‚Das Fundament war teuer genug, jetzt stell ich einfach einen Wohnwagen auf das teure Fundament, das wird schon reichen‘. Das würde bei den meisten Menschen Kopfschütteln auslösen, oder?
Wir brauchen also mehrere Elemente beim Hausbau, bevor wir einziehen und Gäste empfangen können. Und das kennt jeder Hausbesitzer aus leidvoller Erfahrung: Wenn man nicht jede Fliese selbst legen kann, muss man sich eben Hilfe holen. Man hat viele Ideen, wie das Haus von innen aussehen soll, und trotzdem brauchen die meisten Leute, die wir kennen, einen Innenarchitekten, der ihnen die schlimmsten Flausen austreibt. Man kann sich große Fenster mit Gartenblick aussuchen, meist brauchen wir aber Handwerker, die sie für uns einbauen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen...
Sich rechtzeitig von Marketingberatern helfen zu lassen statt erfolglos Geld in fragwürdige Aktivitäten zu stecken, sich gerade am Anfang intensiv fachlich weiter zu bilden oder auch nur einen Steuerberater zu holen: All diese Dinge hätten unseren Start – im Rückblick betrachtet – weniger holprig gestaltet.
Heute sehen wir das so: Es gibt als Unternehmerin keine höhere Rendite zu erzielen, als in seine eigene Professionalisierung durch Weiterbildung zu investieren. Wissen, Können und Know-how sind für die Kunst der Mediation, aber auch für die anderen Aspekte der Unternehmensführung ein immens starker Hebel. Kein Investment, keine Anlageform kann sich mit dieser Rendite messen, die du so erzielen kannst.
Heute lassen wir uns helfen, und wir helfen selbst: Wir investieren jedes Jahr in mindestens eine große Weiterbildung, die unserer Professionalität zugute kommt. Und wir unterstützen Mediationskolleg:innen mit Coaching, Seminaren und unserem Mediations-Mentoring dabei, ihr eigenes Mediationsgeschäft an den Start und ans Laufen zu bringen. Das ist unser Dach, unter dem wir heute gerne arbeiten. Und als nächstes träumen wir von einer großen Dachterrasse… doch dazu mehr an einer anderen Stelle.
Das waren sie also, unsere fünf Felder, die wir zu Beginn nicht bewässert haben. Diese Fehler vor dir so offen zu benennen, das fällt uns natürlich nicht ganz leicht. Gleichzeitig sind wir Mediator:innen und verbreiten die Idee einer Lernkultur statt einer Fehlerkultur. Deshalb lehnen wir uns damit heute aus dem Fenster, in der Hoffnung, dass dir das hilft. Was es uns leichter macht, mit unseren Fehlern zu leben, ist natürlich, wenn auch du uns darin unterstützt voneinander zu lernen. Deshalb möchten wir von dir gerne wissen: Welche Fehler hast du schon gemacht? Welche hast du auf dich zukommen sehen, aber gekonnt vermieden? Wenn ja, was hat dir geholfen, das schon im Vorfeld zu erkennen? Was möchtest du hier teilen?
Wir würden uns riesig freuen, wenn du einen Aspekt deines wertvollen Wissens hier weitergibst und freuen uns über deinen Kommentar!
Wie fördern Sie als Leitung einer Kindertagesstätte das "Streiten lernen" unter Kitakindern?
Als Leiter:in einer Kindertageseinrichtung haben Sie neben vielem anderen die Aufgabe dafür zu sorgen, dass Kinder konstruktives Konfliktverhalten erleben. So lernen die Kinder die elementare Fähigkeit, Konflikte selbstständig zu lösen. Diese Fähigkeit bedeutet Entlastung für Sie als Leitung, aber auch für die gesamte Einrichtung.
Alltag Inder Kita: Paul und Marie spielen im Außenbereich der Kita. Paul sitzt mit einer Schaufel im Sandkasten und ist damit beschäftigt, eine Sandburg zu bauen. Nun sehen Sie aus der Ferne, wie Marie dazukommt. Sie hören nicht, was gesagt wird, aber Sie sehen, dass es zu einem Gerangel zwischen den beiden um die Schaufel kommt. Dabei ziehen beide Kinder fest an der Schaufel, Marie stolpert unglücklich und schlägt sich das Kinn auf. Sie fängt laut an zu weinen, woraufhin Paul einen Schreck bekommt und ebenfalls anfängt zu weinen…
Konflikte gehören zum Kita-Alltag ebenso wie das gemeinsame Mittagessen oder die Vorlesezeit. Sie erfüllen eine wichtige Funktion, um soziales Verhalten zu erlernen.
Dennoch werden immer wiederkehrende und ungelöste Konflikte von allen Beteiligten als belastend empfunden. Entscheidend ist daher nicht die Frage, wie sich Konflikte in der Kita vermeiden lassen. Interessant ist vielmehr, ob es in der Einrichtung gelingt, Konflikte unter Kindern konstruktiv zu klären. Interessant für alle Beteiligten in Kitas sind daher folgenden Fragen:
Konflikte entstehen immer dann, wenn Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben (dies ist im Alltag häufig der Fall und nicht weiter ungewöhnlich) und wenn es den Konfliktbeteiligten nicht gelingt, über diese unterschiedlichen Bedürfnisse konstruktiv zu verhandeln[1]. Was heißt das in Bezug auf Paul und Marie? Paul und Marie möchten unterschiedliche Dinge, sie haben unterschiedliche Bedürfnisse. Es gelingt ihnen aufgrund ihres Alters und ihrer begrenzten Lebenserfahrung jedoch nicht, darüber zu „verhandeln” und alternative Strategien zu finden, die für beide passen. Stattdessen wählen sie die für sie erfolgversprechendste Strategie (Schaufel wegnehmen) und es kommt zum Streit. Nun sind die pädagogischen Fachkräfte gefragt, gemeinsam mit den Kindern einen guten Umgang mit dem Konflikt zu finden. Dabei gibt es im Wesentlichen zwei denkbare Varianten: es könnte im weiteren Verlauf nun entweder zu einer Eskalation oder zu einer Deeskalation kommen.
Anhand der Ergebnisse aus der Friedens- und Konfliktforschung ist bekannt, dass der wesentliche Unterschied für einen eskalierenden oder deeskalierenden Konfliktverlauf darin besteht, ob der begleitenden Person eine zugewandte Haltung zu den Konfliktbeteiligten gelingt. Diese Haltung spiegelt sich, neben anderen Ansätzen, in der Aussage von Marshall B. Rosenberg wider, dem Begründer der Gewaltfreien Kommunikation:
Gelingt es uns, für die Konfliktklärung einen ruhigen und geschützten Raum zu schaffen und den Kindern zuzuhören, sie also zunächst verstehen zu wollen, dann steigen die Chancen, dass diese Kinder sich beruhigen, sich verstanden fühlen und in einem zweiten Schritt bereit sind, ihr Verhalten zu verändern. Connection before Correction bedeutet, dass alle Menschen und besonders Kinder in für sie stressigen Situationen zunächst Verständnis und einen guten Kontakt zum Gegenüber brauchen (Connection), bevor sie bereit sind, Lösungen, Ratschläge oder Verhaltenskorrekturen (Correction) anzunehmen.
Als erste Reaktion auf ein Gerangel um die Schaufel zwischen Paul und Marie fallen dann Sätze wie: „Marie, das ist nicht in Ordnung, Paul die Schaufel wegzunehmen” oder „Paul, lass doch Marie mitspielen” oder „Marie, nimm doch die andere Schaufel, die daneben liegt”. Bei näherer Betrachtung sind jedoch kaum Situationen bekannt, in denen Paul oder Marie auf derartige Sätze jemals kooperativ geschweige denn konstruktiv reagiert hätten. Oft reagieren Kinder auf derartige „Lösungen” zwar mit Gehorsam, erlernen jedoch nicht, Konflikte selbständig zu lösen. Oder sie zeigen auf das Gesagte deutlichen Widerstand. Woraufhin sie in der Regel ein weiteres Mal zurechtgewiesen werden…. Alltäglich ist also eher das Prinzip Correction before Connection.
Für das Setting der Kindertageseinrichtungen wurde der Fokus auf drei Aspekte gelegt: auf der Beziehungsebene zwischen pädagogischer Fachkraft und Kindern sind dies die Ansätze der Allparteilichkeit und der Eigenverantwortung aus der Mediation. Der dritte Aspekt besteht im strukturellen Rahmen zur Unterstützung einer verbindenden Kommunikation: die „Vier Schritte” der Gewaltfreien Kommunikation.
Allparteilichkeit in der Begleitung von Konflikten bedeutet, dass sich die pädagogischen Fachkräfte nicht mit der Frage beschäftigen, wer von beiden Kindern angefangen hat oder wer die Schuld am Konflikt trägt. Diese Fragen führen im Ergebnis lediglich zu weiteren Folgekonflikten. Es bedeutet auch nicht, dass sie neutral gegenüber den Kindern sind. Dies würde bedeuten, sich gar nicht in den Konflikt einzumischen. Vielmehr geht es bei der Allparteilichkeit darum, dass sie beide Kinder gleichermaßen darin unterstützen, den Konflikt zu klären. Dieses Rollenverständnis beinhaltet, dass die Fachkräfte dafür zuständig sind, durch den Gesprächsprozess zu führen, sich jedoch inhaltlich auf keine der beiden Seiten zu stellen, sondern beiden Kindern zugewandt zu bleiben.
Sie verzichten auf Schuldzuweisungen, Ratschläge, Regeln oder Lösungen, sondern helfen beiden Kindern, ihren Streit zu verstehen und Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Dies wiederum fördert das Prinzip der Eigenverantwortung. In der Mediation liegt die Annahme zugrunde, dass jeder Mensch die Lösung für seinen Konflikt bereits kennt, bisweilen jedoch Unterstützung bei der Lösungssuche benötigt.
Dies gilt eben auch für Kindergartenkinder, die zahlreiche Ideen zur Lösung ihrer Konflikte haben, jedoch Unterstützung bei der Struktur und der Gesprächsführung, also einen sicheren Rahmen benötigen.
Eigenverantwortung der Kinder bedeutet, dass die Fachkräfte die Kinder in den Prozess einbeziehen. Sie erforschen gemeinsam mit ihnen wie Detektive, warum es zum Konflikt kam und was für Ideen sie zur Lösung haben. Kinder, die in der Kita erleben, dass sie selbst einen Konflikt klären können, erfahren Selbstwirksamkeit. Sie wachsen über sich hinaus und entwickeln neben einem gesunden Selbstbewusstsein ein Gespür dafür, wie sie ihr soziales Miteinander gestalten können. Dies unterscheidet sie von Kindern, die häufig korrigiert oder unter Druck gesetzt werden, sich bei ihrem Gegenüber zu entschuldigen. Bei ihnen bleibt auf der unbewussten emotionalen Ebene häufig das Gefühl zurück, falsch, ungenügend oder „schuld” zu sein.
Für das Führen durch das Konfliktgespräch haben sich die Vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation als besonders hilfreich erwiesen. Sie unterstützen Sie dabei, in einer verbindenden statt in einer trennenden Weise mit den Kindern zu kommunizieren. Darüber hinaus bedeuten die Vier Schritte eine wichtige Struktur und Orientierung, sowohl für die Kinder als auch für die Rolle des Mediators. Zur Verdeutlichung von verbindender und trennender Kommunikation sind die Vier Schritte im Folgenden mit ihrer jeweiligen trennenden Entsprechung aufgeführt.
Mithilfe dieser vier Schritte gehen Sie nun gemeinsam mit den Kindern – erst mit dem einen, dann mit dem anderen Kind- den Konflikt durch.
Zur Unterstützung des Prozesses bieten sich die Symbolkarten aus dem Giraffentraum®[2] von Frank und Gundi Gaschler oder auch der von Tassilo Peters entwickelte Friedensstock an[3].
1. Beobachtung: „Marie, erzähl doch bitte, was passiert ist?“
2.: Gefühl: „Aha, und wie hast Du Dich da gefühlt?“ „…“ „Du wolltest gerne mitspielen und dann hast du gemerkt, dass Paul alleine spielen wollte und da bist du wütend geworden?”
3. Bedürfnis: „Wie hätte es sich denn angefühlt, wenn es gut gewesen wäre?“
4. Bitte: „Das heißt, Du würdest Dir wünschen, dass Paul Dich häufiger fragt, ob Du mitspielen magst?“
In unserem Beispiel hatte Marie ein Bedürfnis nach Kontakt hatte und wollte mitspielen, für Paul dagegen war es am schlimmsten, dass sein Bedürfnis nach Autonomie unerfüllt war.
In der Praxis zeigt sich, dass der vierte Schritt bei Kindergartenkindern häufig nicht notwendig ist. Oftmals empfinden Kinder den Streit als geklärt, sobald sich beide vollständig verstanden fühlen und gehört wurden. Dies ändert sich mit zunehmendem Alter der Kinder. Ältere Kinder benötigen für die Lösungen mehr Zeit und wollen diese differenzierter verhandeln.
Im Fall von Paul und Marie stellt eine der Grundannahmen der Gewaltfreien Kommunikation den Schlüssel zum Verständnis von Konflikten dar:
In einer allparteilichen und zugewandten Haltung gehen wir davon aus, dass Kinder sich mit allem, was sie tun, ihre Bedürfnisse erfüllen möchten. Hierfür wählen sie jedoch häufig Strategien, die, wenngleich sehr effizient, sozial nicht gut funktionieren. Dies lässt sich im Konfliktgespräch verändern. Die Chancen in diesem Konflikt sind also vielfältig für alle Beteiligten. Marie kann ausprobieren, mit einer neuen Strategie für ihre Bedürfnisse einzutreten und gemeinsam mit Paul austesten, ob das Spielen besser funktioniert, wenn sie Paul vorher nach der Schaufel fragt. Paul kann ebenfalls lernen, für sein Bedürfnis nach Autonomie einzustehen. “Ich möchte, dass du mich fragst”. Beide Kinder lernen, sich aktiv zuzuhören und zu erkennen, worum es dem Anderen geht, also Empathie für ihr Gegenüber zu entwickeln.
Zu Beginn wird den pädagogischen Fachkräften in der Einrichtung der Ablauf vielleicht recht ausführlich erscheinen, nach einiger Übung verselbständigt sich der Prozess jedoch schnell und geht in „Fleisch und Blut“ über. Nicht oft genug kann betont werden, dass die Zeit, die in die Konfliktklärung investiert wird, sich in mehrfacher Hinsicht auszahlt. Je mehr Übung alle Beteiligten in der Konfliktklärung haben, desto leichter wird der Alltag in der Einrichtung.
Als Einstieg in das Thema Konfliktklärung und Gewaltfreie Kommunikation empfiehlt es sich, einen oder mehrere pädagogische Fortbildungstage auf das Thema "Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation in Kindertagesstätten" zu verwenden. (Für ein kostenfreies Vorgespräch bitte Kontakt mit Imke Trainer aufnehmen)
Nur von zugewandten Erwachsenen lernen Kinder, im Konflikt wertschätzend miteinander umzugehen. Damit pädagogische Fachkräfte die Konflikte von Kindern ressourcenorientiert betrachten, kann es hilfreich sein, das eigene Konfliktverhalten in Fortbildungen und Seminaren gesondert zu reflektieren und zu verändern. Oft ist das der Beginn einer wundervollen Lernpartnerschaft zwischen Erwachsenen und Kindern.
Dieser Artikel erschien in der KiTa aktuell spezial, Themenheft Konfliktmanagement, Juni 2020, und richtet sich vorrangig an Leitungen von Kindertagesstätten
[1] Vergl. Harald Pühl: Das konstruktive Gespräch.
[2] https://giraffentraum.de/wp/giraffentraum/
[3] https://tassilopeters.com/friedensstock/
In unseren Zoominaren Marketing für Mediatoren gibt es immer einen Punkt, der unseren Teilnehmenden Schmerzen bereitet. Der richtig doof ist, der weh tut….den wir alle nicht gerne hören und am liebsten nicht wahrhaben wollen.
Hättest du nicht gedacht? Ist aber so und wir möchten dir heute erzählen, warum das so ist.
In unseren Zoominaren geht es um das böse P-Wort. Schon mal gehört? P wie Positionierung. In einem Satz beschreibt P, dass unser Angebot nicht für alle da ist, sondern nur für eine abgegrenzte Gruppe von potentiellen und genau zu uns passenden Medianden. Und die Reaktion ist meist ein leicht ungläubiges Staunen. Positionierung in der Mediation, im Ernst?
Hä, *kopfschüttel* wieso sollte ich mich denn ausgerechnet beim Thema Mediation positionieren, damit verenge ich doch die Zahl derer, denen ich mit Mediation super weiterhelfen kann? Und das weiß doch wirklich jeder, spätestens seit der Mediationsausbildung:
Mensch, während meiner Mediationsausbildung sind mir doch jeden Tag - und ich meine wörtlich jeden Tag – so viele Leute begegnet, die eine Mediation gebraucht hätten… auf meiner Arbeit, danach in der Bahn oder als Autofahrer:in/Fahrradfahrer:in und dann nochmal kurz im Treppenhaus mit den Nachbarn. Von meiner eigenen Herkunftsfamilie will ich jetzt mal gar nicht erst anfangen. Ich meine: Besser kommunizieren, mehr zuhören, häufiger Nachfragen stellen statt Vorwürfe rauszuhauen – das tut uns doch wirklich allen gut, oder versteh ich jetzt nur noch Bahnhof? Es geht doch um eine allgemeine Verständigung – oder nicht?
Ja, geht es. Es geht um ein Format, das für alle gut ist. Einerseits.
Und gleichzeitig gibt es ein ‚Andererseits‘.
Jetzt bist du innerlich wahrscheinlich schon auf was Negatives eingestellt, hab ich recht? Dieser Gedanke: Oh nein, ich muss mich jetzt auch noch positionieren. Reicht es nicht, dass ich echt gut zuhören, spiegeln und strukturieren kann? Muss ich mich wirklich mit Marketing-Gedöns beschäftigen?
Naja, musst du nicht, aber darfst du.
Wie wir das meinen?
Dazu möchte ich dir gerne die Geschichte von Nennen-wir-sie-Clara erzählen. Clara war Teilnehmer:in bei uns im Kurs ‚Marketing für Mediatoren‘ und hatte am Ende des Tages ein echtes Aha-Erlebnis.
O-Ton in der Abschlussrunde (denke dir eine strahlende Clara dazu):
„Ich weiß jetzt, dass ich politische Mediation machen möchte!“
Okay, schön und gut, denkst du jetzt, aber was hatte sie denn jetzt genau davon, dass sie politische Mediation machen wollte?
Nun ja. Einige Tage nach dem Seminar surfe ich auf LinkedIn und erhalte von einer ehemaligen Teilnehmerin unserer Mediationsausbildung, mittlerweile erfolgreich in Festanstellung, ein PDF mit einer interessanten Ausschreibung aus dem kommunalen Bereich: freiberufliche Konfliktberater wurden gesucht.
Nun hätte ich diese Ausschreibung auch einfach an die über 200 Teilnehmer:innen unserer Mediationsausbildung oder wahllos an alle Abonnent:innen unseres Newsletters weiterleiten können. Aber woher sollte ich wissen, dass sie genau das machen wollten oder sich genau dieses Thema der politischen Mediation überhaupt zutrauen würden? Dass ich sie nicht nerve mit meiner Post? Wie viel Aufwand wäre das gewesen, alle anzuschreiben und mit welchem Nutzen?
Die Wirkung kann auch verpuffen, und diese Ausschreibung wäre für die meisten Abonennt:innen nur bedingt interessant gewesen. Denn es geht nur bedingt um Quantität. In erster Linie geht es um Qualität und um die Frage: Wo gibt es zwei Seiten, die besonders gut zusammenpassen, also wo gibt es hier ein echtes und richtiges ‚Match‘?
Und genau das mit dem Match, das wusste ich nur von Clara. Nur bei ihr war ich sicher, wohin sie wollte mit Mediation. Und dass ich ihr sogar eine Freude damit mache, wenn ich die Ausschreibung schicke. Egal, ob sie den Job bekommen würde oder nicht. Es war einfach ihr Thema. Sie wird es zu schätzen wissen, und wenn sie es nicht selbst machen kann, dann ist sie bestimmt gut vernetzt und schickt es anderen Mediator:innen, die auch ‚politische Mediation‘ machen wollen. Da war ich sicher.
Und wenn du dich jetzt gerade fragst, warum ich die Stellenausschreibung nicht an dich weitergeleitet habe, du möchtest doch auch politische Mediation machen?
Nun ja, ein lohnenswerter Gedanke wäre, dass du dich nochmal fragst, ob du mir und damit uns allen da draußen bereits ausreichend gut und oft genug kommuniziert hast, was du un-be-dingt machen möchtest mit Mediation? Was dein Spezialthema ist? Denn wenn es bei mir noch nicht angekommen ist, wie soll es dann da draußen im world wide web jemand begreifen?
So wie ich auf Clara zugegangen bin. Weil es Klick-Momente gibt, wo einfach eins zum anderen passt. Wo es Win-win wird, weil Menschen zueinander finden, die sich gegenseitig gesucht haben.
Kurz: Weil es dir das Leben leichter macht!
Abgesehen von dir und deiner Leichtigkeit gibt es jedoch noch einen weiteren Grund, warum wir denken, dass sich alle Mediator:innen schärfer positionieren sollten. Dieser Grund ist weniger individuell, sondern bezieht sich eher auf den gesamtgesellschaftlichen Aspekt von Mediation. Beim Thema Positionierung in der Mediation geht es aus dieser zweiten Perspektive um die Ausdifferenzierung unseres Marktes.
Dazu stell dir einfach mal einen Hosenmarkt vor. Ja, es ist schön, wenn ich auf meinem Markt Hosen kaufen kann. Aber noch toller ist es, wenn ich auf meinem Markt nicht nur Hosen finde, sondern Jeans kaufen kann und dann noch solche Jeans, die besonders auf meine Bedürfnisse zugeschnitten sind. Was sind meine Bedürfnisse? Dass die Jeans gut aussieht, klar, aber dass sie vor allem lange hält und nicht kaputt geht. In meinem Fall also Jeans für Radfahrer:innen, die nicht so schnell kaputt gehen, wenn die Jeans mal am Sattel scheuert. Du verstehst, was ich meine? Es geht hier wieder mal darum, ganz genau auf die Bedürfnisse zu schauen, also wieder um einen Match. Ich könnte einfach nur das Wort ‚Hose‘ googlen, das werde ich aber nicht tun, sondern ‚Jeans für Radfahrer‘ eingeben. Und dann bin ich mir sicher, wird es Unternehmen geben, die mir genau das bieten, was ich suche. Weil der Markt ausdifferenziert ist. Und genau das wünschen wir uns auch für die Mediation. Und das bedeutet: Je bedürfnisorientierter wir uns als Mediator:innen aufstellen, desto mehr vergrößern wir alle unseren Markt.
Hier sind zehn Beispiele von Positionierungen befreundeter Mediator:innen:
Und du? Möchtest du auch deine Positionierung finden, hast aber keine Lust, für dich alleine darüber nachzugrübeln? Hättest du dabei gerne unsere Unterstützung, unser Coaching und eine Spiegelung durch deine Peers? Austausch und Vernetzung mit gleichgesinnten Mediator:innen, die an einem ähnlichen Punkt sind und genau wie du gerade ihr Business aufbauen möchten?
Dann komm in unser nächstes Zoominar: Marketing für Mediatoren am 26.5.2021 von 10 bis 17 uhr auf Zoom. Zur Anmeldung geht's hier entlang ...
Jaja, schon klar, wir Mediatoren geben ja eigentlich niemals (!) die Lösung vor, aber heute müssen wir von dieser Regel wirklich eine Ausnahme machen, es wäre andernfalls einfach zu ungerecht für dich.
Deshalb hier und heute die gute Nachricht:
Und hier fängt die Geschichte von vorne an.
Neulich in der Mediationsausbildung hatte ich ein sehr interessantes Gespräch – in Präsenz! Allein das mit der Präsenz ist im Juni 2021 ja schon eine Meldung wert, aber noch viel aufschlussreicher war der Inhalt des Gesprächs, von dem ich dir heute berichten möchte.
In der Pause kam ein Teilnehmer auf mich zu, den ich an dieser Stelle aus praktischen Gründen Horst nennen werde, und wir unterhielten uns über seine Fortschritte in der Ausbildung und über seine Familie.
Gerade jetzt – Horst steht kurz vor Abschluss seiner Ausbildung – beschäftige ihn die immer wichtiger werdende Frage, wie um Himmels willen er jemals an seinen ersten Fall kommen solle? Das mache ihm schon ein wenig Sorge, ein Jahr nach der Ausbildung vergehe ja schneller als man sich versieht und wo soll dann der erste Fall herkommen…?
Und so weiter und so fort. Ich hörte Horst aufmerksam zu.
Horst ist getrennt und hat zwei inzwischen erwachsene Kinder. Mit diesen tauscht er sich regelmäßig über das Thema Mediation und die Ausbildung aus, die ihn ja gerade so beschäftigt.
Und so erzählte Horst mir, dass er ein sehr unterschiedliches Verhältnis zu seinen beiden Kindern habe. Mit einem seiner beiden Kinder sei die Beziehung richtig gut. Dieses Kind arbeitet im sozialen Bereich und sei daher schon an allerlei mediatorische Grundhaltung und Methoden gewöhnt. Mit diesem Kind unterhält sich Horst regelmäßig, gerne und in entspannter Atmosphäre über die Mediation und alles, was dazu gehört.
Mit dem anderen Kind hingegen ist es viel schwieriger und komplizierter. Zum einen war das Verhältnis aufgrund verschiedener biografischer Gegebenheiten immer schon ein wenig belasteter, als mit dem ersten Kind. Zum anderen kommt erschwerend hinzu, dass dieses zweite Kind etwas weiter weg in einem Nachbarland lebt und seit Kurzem selbst Nachwuchs hat. Das erwachsene Kind von Horst hat also extrem wenig Zeit - und gleichzeitig ein ganz (!) großes Interesse an der Mediation, so versicherte mir Horst. Immer wieder befrage ihn dieses Kind, was er denn da so genau mache, in seiner Ausbildung. Und dann erzählt Horst seinem Kind von der Ausbildung, aber er verrät nichts von seiner geheimen Sehnsucht…
Das verrät er mir im nächsten Satz, indem er den einen und alles entscheidenden Satz sagt, bei dem mir endgültig ein Licht aufging:
Er sagte mir, dass er so gerne ein besseres Verhältnis zu diesem Kind hätte! Dass er sich sehnlichst wünscht, mal so richtig und in Ruhe mit dem Kind reden zu können, ohne Unterbrechungen und mit viel Muße. Dass er sich erhoffe, dem Kind eines Tages wieder näher zu kommen und eine größere gemeinsame Ebene zu schaffen, als Elternteil und als Kind. Dass er einfach gerne eine engere Beziehung zu diesem Kind hätte.
Ich hörte Horst nun SEHR aufmerksam zu und dann verknüpfte ich beide Teile dieses Gespräches, fasste mir ein Herz und fragte ihn:
Stille. Er rückte ein Stück von mir ab und schaute verschlossen: alles an Horsts Körpersprache signalisierte Ablehnung.
Hier unterbreche ich die Erzählung und schaffe mal kurz Raum für meine eigene Begeisterung. Denn ich finde wirklich, dass das eine ganz exzellente Superkraft ist:
Denn stell dir mal vor, wenn alle (angehenden) Mediator:innen direkt nach der Ausbildung einen eigenen Konflikt von eine:r Mediator:in bearbeiten ließen, wie viel mehr Mediator.innen hätten dann schon ihren ersten Fall?!
Genial, oder?
Ach, ich überschlage mich fast vor lauter Freude über diese vielen Ressourcen, die dir das beschert! Lass mich mal schnell nur die ersten zehn Vorteile dieser Aktion aufzählen, die mir spontan in den Sinn kommen...
Kurz: Nie wirst du stärker aus deiner Komfortzone heraustreten, als wenn du den sprichwörtlichen Stuhlwechsel selber vollziehst, denn das Erlebnis fördert die Verbindung zu deinen Mediand:innen immens, das wiederum stärkt die Qualität deiner Arbeit immens, und die Qualität deiner Arbeit fördert deine Buchungsrate immens. Wie heißt das Gegenteil eines Teufelskreises? Ein Engelskreis…
Außerdem günstig: Du kannst mit einer dir nicht oder nur wenig bekannten Kolleg:in vereinbaren, dass sie dich mediieren darf und dass sie dich im Gegenzug das nächste Mal empfiehlt, wenn ihre Freunde eine Mediation brauchen. Das fördert Vernetzung und gegenseitige Unterstützung. Noch mehr Vorteile: Du kannst deine Mediationserfahrung als Mediandin für alle deine Webseitentexte verwenden. Oder daraus einen Blogartikel machen. Nichts illustriert das abstrakte Thema Mediation so gut wie eine konkrete Fallbeschreibung aus der Sicht einer Konfliktpartei.
Und obendrauf: Wenn du deine Anfrage nach einer ehrenamtlichen Mediation für deinen eigenen Konflikt zum Beispiel in eine Facebook-Gruppe stellst, dann melden sich sehr viele Mediationskolleg:innen bei dir. Die Art und Weise, wie sie den Kontakt mit dir gestalten, kann für dich ein absolutes Lehrstück sein. Bei wem hast du dich wohlgefühlt? Wer hat dich womöglich mit seiner Art der Dialoggestaltung verschreckt und warum genau? Hier gibt es wirklich reichlich zu ernten.
Kennst du den alten Kalenderspruch: Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst in der Welt? Hier bekommt der Satz eine ganz neue Bedeutung, oder?
Also: Ich habe dir soeben diese eine, alles entscheidende Frage gestellt, ob du nicht mit deinem Kind an einer Online-Mediation teilnehmen willst?
Und ich habe dir diese ganzen tollen Gründe aufgezählt – und dann... herrscht Stille.
Schluck. Meine Gedanken überschlagen sich.
Ich bin irritiert.
Jetzt versteh ich's. Ich merke es dir an, Horst, du willst gar nicht so recht zur Mediation, stimmt’s? Ich schaue in dein Gesicht und ich merke es deutlich: Es ist dir nicht geheuer, oder?
Um nicht zu sagen: Du hast Angst, (verzeih das blöde Wortspiel) dich zum Horst zu machen…. Liege ich richtig?
Dir gehen so Gedanken durch den Kopf wie:
Kommen dir die Zweifel bekannt vor? Dann schnapp dir geschwind einen Stift und schreib sie für dich selbst und deinen eigenen Konflikt am besten ganz schnell auf.
Okay, alles notiert?
Dann herzlichen Glückwunsch zu all deinen Einwänden und Bedenken, denn mit diesen hältst du jetzt eine wahre Schatzkiste in den Händen.
Denn weißt du was?
Schau dir also all diese Zweifel sehr genau an.
Du kannst dich über diese eigenen Ängste und Sorgen soooo extrem gut mit deinen Wunsch-Mediand:innen verbinden und dich fragen:
Was bräuchte denn ein Mensch, der gerade genau so zweifelt wie ich es tue, in genau diesem Moment von uns Mediator:innen, um sich dann doch für eine Mediation zu entscheiden?
Wie kann ich ihr/ihm die Entscheidung leichter machen? Wie muss ich mich geben, was auf der Webseite schreiben, am Telefon sagen und im Vorfeld noch zu schicken, um die Beziehung zu deinen Konfliktparteien aufzubauen?
Es liegt ja auf der Hand: Alle Antworten, die du auf diese zentrale Frage findest, sind deine ganz persönlichen Diamanten in der Schatzkiste deines Marketing-Dialogs mit deinen künftigen Kund:innen
Also, Horst, worauf wartest du? Bitte dein Kind um eine Online-Mediation und erreiche dein Win-win: die verbesserte Beziehung zu deinem Kind und seiner neuen Familie und dein angereicherter Erfahrungsschatz, mit dem du anonyme Konfliktparteien zu deinen ganz persönlichen Mediand:innen von morgen machst!
Und du, geht es dir wie Horst oder warst du schon mal Mediand:in?
Erzähl doch mal in den Kommentaren...
PS. Wenn du mehr über Marketing für Mediation erfahren willst, dann meld dich für unseren Newsletter an!
Wir möchten euch hier vier typische Sätze vorstellen, die wir oft im Zusammenhang mit Marketing für Mediatoren hören.
Damit erklären sich Mediator:innen selbst, warum es schwierig ist, im Mediationsbusiness Fuß zu fassen. Wir behaupten, sie machen sich damit selbst das Leben schwer, denn hinter jedem dieser Sätze verbergen sich typische Denkfallen. Die, so behaupten wir weiter, du natürlich vermeiden solltest! ;-)
Warum?
Weil die Denkfallen verhindern, dass du klar siehst, wie deine Situation ist und wie du sie verändern kannst.
Die Realität ist: die Mehrheit der Mediator:innen kann von Mediation nicht leben. Wenn es dir als ausgebildete/r Mediator:in nun auch schwer fallen sollte, aus wirtschaftlicher Sicht genug Mediationen zu akquirieren, könnte bei dir folgende Denkfalle zuschnappen: Wenn sowohl ich als auch die Mehrheit der Mediator:innen es nicht schafft, liegt es nahe, den Schluss zu ziehen ‚von Mediation kann man nicht leben‘. Zu dieser Schlussfolgerung ist auch Anne gekommen, eine Mediatorin die noch vor kurzem voller Hoffnung und Tatendrang ihre Mediationsausbildung abgeschlossen hat.
Jetzt erheben sich zwei Fragen: 1) Warum ist es für Anne schlecht, in dieser Falle zu stecken? 2) Was ist auf der psychologischen Ebene ihr Gewinn? Es hat ja einen Grund, dass sie in diese Falle tappt.
Die Antwort auf die zweite Frage: Nachdem Anne einmal ‚erkannt‘ hat, dass ‚man von Mediation nicht leben kann‘, muss sie keine Arbeit mehr in ihr Marketing stecken. Wär’ ja nur Geldverbrennung.
Annes Psyche hat also aus ihrer Sicht ihren Job gemacht: ihr Leben so leicht wie möglich zu machen. Wenn Annes – und unser aller – bewusstes Denken darauf hereinfällt, leben wir und Anne in der Illusion, uns unseres Problems entledigt zu haben. Leider tendieren echte Probleme nicht dazu, zu verschwinden, wenn wir sie ignorieren (mit Ausnahme plötzlich auftretender Zahnschmerzen natürlich *hust*).
Es läuft vielmehr darauf hinaus, dass Annes und unser Marketing weiterhin nicht funktionieren. Und früher oder später wird Anne Mediationskolleg:innen kennenlernen, die wunderbar von Mediation leben können. Wie steht sie dann vor sich selbst und ihrem Traum von Mediation da?
Damit ist auch Frage 1) beantwortet: Die Falle ist schlecht für Anne, weil sie ihre Wahrnehmung der Realität verfälscht oder verdeckt.
Du magst jetzt sagen: ‚OK, verstehe, warum Denkfallen schlecht sind. Aber wie erkenne ich, dass ich in einer Denkfalle stecke?
Der Satz ‘Von Mediation kann man nicht leben’ könnte ja auch zutreffen!‘
Da ist was dran!
Aus unserer Sicht kannst du dir immer folgende Frage stellen: Blende ich bestimmte Sachverhalte aus meiner Wahrnehmung aus? So gaben in einer Untersuchung der Uni Speyer von 2017 85% der befragten Mediator:innen an, aus wirtschaftlicher Sicht nicht genug Mediationen durchzuführen. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass immerhin 15% der Befragten wirtschaftlich erfolgreiche Mediator:innen sind. Wenn also Anne einmal klar geworden ist, dass es Menschen gibt, die von Mediation leben, kann sie von ihnen lernen, das ebenfalls zu schaffen.
Es gibt noch eine zweite Möglichkeit, diese Denkfalle zu entlarven:
Verkehre 1. ihre Aussage in ihr Gegenteil, und schaue dann 2., ob sie dadurch für dich wahr wird. Mit unserem Satz würde das heißen: 1. ‚Von Mediation kann man leben‘, 2. ‚Weil man von Mediation leben kann, habe (hätte) ich genug Fälle‘.
Diese Verknüpfung ist logisch nicht sauber; ein deutlicher Hinweis, dass mit der ursprünglichen Argumentation unseres Unbewussten etwas nicht stimmen kann (wenn es sprechen könnte, würde es sowas sagen wie ‚weil man von Mediation nicht leben kann, hast du nicht genug Fälle‘).
Schauen wir mal weiter:
Diesen Satz hat wohl schon jeder von uns einmal gesagt und gehört. Warum halten wir ihn für eine Denkfalle? Nehmen wir wieder Anne. Ihr ist aufgefallen, dass es sehr wohl Kolleg:innen gibt, die von Mediation leben, ist also nicht in die erste Denkfalle getappt.
Schade, dass nun die 2. Denkfalle zuschnappt. Die erste besteht wie gesagt darin, dass wir Hinweise nicht wahrnehmen, die auf unser Problem hindeuten. (Geschweige denn, dass Hinweise auf die Lösung unsere Bewusstseinsschranke überwinden könnten, denn ohne Problem brauche ich ja auch keine Lösung). In der zweiten Denkfalle nehmen wir die Hinweise zwar wahr, diese verursachen uns vielleicht auch Unbehagen, wir begreifen aber nicht, ob, dass und wie sie mit unserem Problem zu tun haben.
Zur Erinnerung: Annes Problem besteht darin, dass ihr Marketing nicht funktioniert (und auf der nächsten Ebene darin, dass sie das nicht weiß/einsieht/versteht).
Sie denkt nämlich: ‚Weil Mediation so unbekannt ist, bekomme ich keine Mediationen‘.
Auch hier hat die Denkfalle wieder eine Entlastungsfunktion. Anne hat etablierte Mediator:innen beobachtet und womöglich einiges von dem ausprobiert, mit dem diese ihre Kund:innen finden. Doch bei ihr hat es nicht geklappt, nun ist sie frustriert und hört dann diesen verführerischen Satz: ‚Mediation ist zu unbekannt‘.
Auch hier ist es zentral, entscheiden zu können: Ist diese Aussage eine Denkfalle oder die Wahrheit?
Drehen wir die Aussage wieder wie oben um, erhalten wir z.b. ‚wenn Mediation bekannter wäre, würden mehr Fälle bei mir landen’. Hört sich ja erst mal logisch an. Doch Obacht! Auch wenn Mediation bekannter wäre, wäre Anne als Mediatorin ja nicht automatisch auch bekannt.
Anne könnte nachforschen, welche Hinweise sie bislang übersehen haben mag. Schließlich wissen wir laut einer Untersuchung der ROLAND-Gruppe vom Februar 2021, dass 86% der Deutschen schon einmal von Mediation gehört haben.
Wenn sie dann weiter sucht, könnte sie auf den Hinweis stoßen, dass Marketing für Mediation eine ziemlich individuelle Angelegenheit ist, die sehr genau auf die Mediatorin und ihre Zielgruppe zugeschnitten sein sollte.
Anne hat sich nun auch aus Denkfalle Nummer 2 befreit (wahrscheinlich liest sie auch gerade diesen Artikel…) und tappt zu unserer Erbauung gleich in Denkfalle Nr. 3.
In Denkfalle 3 nimmt Anne die Hinweise wahr und akzeptiert zunächst, dass sie ein Problem mit ihrem Marketing hat. Endlich! Nun schaut sie sich um, wie andere Leute Marketing betreiben und sammelt entsetzliche Eindrücke. Sie selbst kennt ja schon Spam-Mails aus eigener Erfahrung, sie schaut sich an, wie Produkte und Dienstleistungen gelobhudelt werden, und wie auf Instagram Selbstdarstellung betrieben wird. Daraus kann Anne nur einen Schluss ziehen: Von der Haltung her könnten ‚Marketing‘ und ‚Mediation‘ nicht weiter voneinander entfernt sein. Also folgert Anne, daß Marketing für Mediation nicht funktioniert. Damit wird ihr Problem prinzipiell unlösbar: Um ihr Mediationsgeschäft an den Start zu bringen, muss sie Marketing betreiben, wenn sie Marketing betreibt, macht sie sich aber als Mediatorin unglaubwürdig, weil die Haltungen für Marketing und für Mediation einander so sehr widersprechen.
Das Gemeine an dieser Denkfalle ist, dass sie mehr als nur ein Körnchen Wahrheit beinhaltet. Wenn Anne Marketing so betreibt wie manches Kaufhaus für elektronische Geräte, wird sie ihrer Wahrnehmung als Mediatorin wohl keinen Gefallen tun. Allerdings steckt hier auch schon der Ausweg aus diesem Dilemma: Niemand zwingt sie ja, ihr Marketing so marktschreierisch zu betreiben. Annes Ausweg wäre also, für Mediation mit einer Haltung zu werben, die sich von greller, lauter, härter unterscheidet und mit der Haltung der Mediation in Einklang tönt.
Anne ist gerade sehr dankbar für diesen Gedanken: ihr Problem ist also lösbar!
Und auch wir können uns überlegen, sollten wir selbst in dieser Denkfalle stecken, welche Hinweise und Wahrnehmungen wir ausblenden, um diese Denkfalle aufrecht zu erhalten. Es gibt ja durchaus Beispiele dafür, wie Mediatoren auf ihrer Webseite oder in ihrer Kommunikation auf social media behutsame und authentische Beziehungsangebote machen. Wie Kolleg:innen ‚attraktiv gefunden‘ werden, indem sie sich ihren potentiellen Kunden als Persönlichkeit zeigen.
Unserer Erfahrung nach kommen Medianden zu dir, wenn dein Marketing zu deiner Art Mediation zu betreiben und zu dir selbst passt. Und du damit wahrgenommen wirst.
Anne hat nun verstanden, daß das Problem, ‚mein Mediationsmarketing funktioniert nicht‘ prinzipiell lösbar ist.
Sie stürzt sich also frohgemut in die Arbeit, sie hat aber bald das Gefühl, irgendwie zündet es nicht so richtig, und nach ein paar Wochen lautet ihr frustriertes Fazit: ‚Das Problem mag für andere lösbar sein, nur *ich* kann das nicht!‘
Anne sagt sich nämlich, ‚neben der Tätigkeit als Mediatorin und anderen Verpflichtungen nun auch noch professionell Marketing zu betreiben, dafür habe ich einfach keine Zeit‘.
Und zu uns sagt sie dann diesen typischen Satz ‚Ihr habt leicht reden, ihr habt ja schon Referenzen!‘
Dabei blendet sie zwei Dinge aus:
1. Referenzen sind gut bis notwendig, aber nicht hinreichend im Marketing.
2. Wir haben (und jede andere Mediatorin hat) auch einmal ohne Referenzen angefangen.
Und das ist in der Tat etwas tricky.
Schließlich sucht niemand einen ‚möglichst unerfahrenen Mediator‘, mir ist ein solches Gesuch jedenfalls noch nie über den Weg gelaufen…
Die Denkfalle 4 ist ziemlich perfide: einerseits ist Anne schon fast am Ziel – ‚Ich kann mein Problem lösen‘ – andererseits werden Menschen hier besonders kreativ dabei, ‚Gründe‘ zu finden, warum gerade sie es nicht schaffen, das Ziel zu erreichen. Weil neben dem Erfolg auch Aufwand und Arbeit drohen, wenn wir jetzt nicht schleunigst ‚gute Argumente’ gegen unseren Erfolg finden! Böse gesagt, aber zutreffend.
Wenn wir auf dieser Stufe sind, sind wir ja eigentlich den größten Teil des Wegs schon gegangen. Trotzdem bleiben hier viele hängen.
Hier entscheidet sich: bringe ich den Willen mit, meine einmal getroffene Entscheidung – Mediatorin werden – zu einer richtigen Entscheidung zu machen?
Wir Menschen sind ja schon merkwürdige Wesen (und wir Mediatoren sind bekanntlich noch merkwürdiger): Wenn wir mit einer anspruchsvollen Herausforderung konfrontiert sind, haben wir eigentlich psychisch, mental und rational großartige Voraussetzungen dafür, diese Herausforderung zu meistern.
Manchmal tun wir aber etwas anderes: Wir tricksen uns selbst aus. Wir haben psychologische Mechanismen entwickelt, um uns selbst (oder Teile von uns) vor den Zumutungen dieser Herausforderungen zu schützen. Sei es, dass die Zumutung darin besteht, dass wir plötzlich Erfolg haben, was für uns sehr ungewohnt ist, oder darin, viel Energie für unser Ziel aufbringen zu müssen oder uns in unangenehme Situationen bugsieren (unbekannte Menschen ansprechen, sich dem Risiko auszusetzen, abgelehnt zu werden). Mit anderen Worten, diese Herausforderungen verlangen von uns, unser Selbstbild zu ändern (*grusel*), mehr zu arbeiten (*stöhn*), und uns aus unserer Komfortzone heraus zu bewegen (*och nö*).
Vielleicht sollten wir uns hier an unseren eigenen Medianden ein Beispiel nehmen: diese nehmen auf sich, vor mehr oder weniger fremden Menschen ihren Konflikt auszubreiten, fassen sich ein Herz, geben sich gegenseitig noch mal ein Chance und schöpfen vorsichtig wieder Vertrauen zueinander. Mit anderen Worten, sie arbeiten hart, gehen aus ihrer Komfortzone und ändern ihr Selbst- und Fremdbild.
Da ist es doch selbstverständlich, dass auch wir uns ein Herz fassen, oder wie siehst du das? –––
Bekanntlich gibt es ja nichts neues unter der Sonne. Wenn du errätst, welches Modell (der Transaktionsanalyse) uns zu den Denkfallen inspiriert hat, schreibe es in die Kommentare. Du erhältst dann einen Gratisplatz im nächsten Zoominar ‚Marketing für Mediatoren Teil 1‘.
Wo hängt es bei dir beim Thema Mediationsmarketing? Warst auch du schon mal in einer Denkfalle gefangen?
Antworte einfach hier unter dem Artikel!
Wenn Sie erfahren möchten, wie Mediation das Entweder-Oder-Denken überwindet, lesen Sie Imke Trainer im Gespräch mit Robert Glunz
Deutsche Stiftung Mediation:
Wir setzen unsere Interviewreihe mit einem Gespräch mit Imke Trainer fort. Imke Trainer betreibt gemeinsam mit ihrem Kollegen Rüdiger Hausmann die RheinMediation in Köln. Sie ist lizenzierte Mediatorin BM ® und Mitglied der Regionalgruppe Rheinland des Bundesverbandes Mediation e. V. sowie zertifizierte Mediatorin gemäß § 2 ZMediatAusbV. Darüber hinaus arbeitet sie als Multiplikatorin des Projekts “Giraffentraum®” nach Frank und Gundi Gaschler zur Einführung der Gewaltfreien Kommunikation in Kindertagesstätten und Grundschulen.
Ein (kontinuierlicher) Meilenstein ist sicherlich die jahrzehntelange Arbeit der Berufsverbände der Mediation, die unermüdlich dafür sorgen, dass Mediation wahrgenommen, anerkannt und qualitativ hochwertig durchgeführt wird.
Darüber hinaus stellt für mich das Mediationsgesetz von 2012 einen weiteren Meilenstein dar. Das meine ich zwar absolut nicht inhaltlich, da das Gesetz eher Dinge regelt, die zuvor ohnehin "erlaubt" waren und privatvertraglich geregelt wurden. Aber ich denke, das Gesetz hat eine große Bedeutung für die Außenwirkung der Mediation. Sie wird nun vermehrt nachgefragt, als seriös eingestuft und erfährt Anerkennung als alternatives Verfahren der Streitbearbeitung.
Aus meiner Sicht kann dem Thema Mediation gar nicht genug Beachtung geschenkt werden. Ein Blick in die aktuelle Politik genügt, um zu verstehen, dass ein zweidimensionales Denken zur Lösung unserer aktuellen, multifaktoriellen und interdependenten Probleme nicht mehr ausreicht.
Dies setzt in der Regel eine Eskalationsspirale in Gang, obwohl doch eigentlich dringend Lösungen für globale Probleme gefunden werden müssten. Mediation trägt in diesem Sinne dazu bei, ein präzises und mehrdimensionales Denken zu fördern, den kreativen Umgang mit Widersprüchen zu erlernen und die Diskussion von der konfrontativen auf eine konstruktive Ebene zu lenken, um Lösungen zu finden, die keinen erneuten Gegendruck produzieren. Wenn diese Lösungen im Rahmen einer Mediation auf freiwilliger und eigenverantwortlicher Basis erzielt wurden, dann haben sie eine viel größere Tragkraft als die von oben oder von außen verordneten "Verträge". Diese Eigenverantwortung ist aus meiner Sicht von elementarer Bedeutung für unsere Gesellschaft, unseren Rechtsstaat und unser Demokratieverständnis. Und genau dazu kann Mediation sehr wesentlich beitragen, indem es einen geeigneten Rahmen für die Selbsterfahrung dieser Eigenverantwortung bietet.
Ich glaube fest an das Entwicklungspotenzial der Mediation. Gleichzeitig sehe ich, wie wenig bekannt die Mediation in vielen Teilen der Gesellschaft noch immer ist. Darüber könnte ich nun jammern oder denken: Das möchte ich gerne ändern! Ich entscheide mich an fast allen Tagen für die zweite Variante. Es ist unsere Aufgabe als Mediatoren, Menschen zu einem positiven "Erstkontakt" mit Mediation zu verhelfen. Das muss nicht zwingend die Teilnahme an einer Mediation bedeuten; manches Mal reicht auch schon ein interessantes Gespräch oder ein berührender Artikel oder Blogpost über die Wirkung von Mediation. Damit will ich sagen, dass wir alle jeden Tag dazu beitragen können, dass Mediation bekannter, anerkannter und damit letztlich in der Gesellschaft als so "normal" akzeptiert wird, wie es zum Beispiel das Thema Coaching in den vergangenen Jahrzehnten geworden ist.
Die Mediation berücksichtigt das Prinzip der Eigenverantwortung. Konfliktparteien verstehen zunächst einmal ihren Konflikt; damit wird schon ein Grundstein für den künftigen Umgang mit ähnlichen Situationen gelegt. Dann verstehen sie auch noch ihr Gegenüber und können darüber hinaus zu jedem Zeitpunkt selbst entscheiden, wie eine gute Lösung für sie aussieht. Sie gestalten damit nicht nur ihren Konflikt, sondern gestalten aktiv ihr Leben mit. Diese Selbstwirksamkeit ist das höchste Gut der Mediation.
Als Freundin der Gewaltfreien Kommunikation würde ich es so formulieren:
Dabei ist mir ganz wichtig, eine Schlüsselunterscheidung der Gewaltfreien Kommunikation zu berücksichtigen: Verstehen heißt nicht, einverstanden zu sein. Aber der empathische Zugang zu jedem einzelnen Menschen in seinem Konflikt, die Not auf allen Seiten wirklich zu sehen und allparteilich anzuerkennen, das ist neben den anderen Faktoren wie einer gründlichen Auftragsklärung, Freiwilligkeit, Eigenverantwortung etc. für mich sehr ausschlaggebend.
Das größte Risiko, das ich mir vorstellen kann, wäre eine schleichende Traditionalisierung von Mediation und damit auch von uns Mediatoren. Damit meine ich eine geistige Unbeweglichkeit, Mediation nicht stetig weiterentwickeln zu wollen. Jede Mediation ist neu, und jede Mediation ist anders. Das sollten wir bereit sein, immer wieder aufs Neue zu leben.
Eine Mediation ohne die Haltung der Gewaltfreien Kommunikation ist für mich schlichtweg nicht denkbar. Ich gehe davon aus, dass es in jeder Mediation im Wesentlichen darum geht, welche angenehmen oder unangenehmen Gefühle die Medianden bewegen und auf welche erfüllten und unerfüllten Bedürfnisse diese Gefühle verweisen, und um die Frage, was die Medianden brauchen, um sich ihre Bedürfnisse in Zukunft wieder zu erfüllen. Das hört sich simpel an, kann aber viel Arbeit bedeuten, das Gespräch auf diese Ebene zu bringen und die wesentlichen Fragen in diesem Sinne zu "übersetzen". Und dafür ist die Gewaltfreie Kommunikation die wirkungsvollste Haltung, die ich kenne.
Ein Erlebnis, an das ich besonders gerne zurückdenke, stammt aus einem Konflikt im Kontext der Kindertagesstätten. Dort unterhielten die betroffenen Eltern während eines Konflikts über viele Wochen eine WhatsApp-Gruppe, um sich auszutauschen. Rückblickend verlief dieser Chat nach eigener Aussage der Eltern nicht immer konstruktiv und hat nicht zur Verständigung mit den Erziehern beigetragen. Auf die Frage der Eltern, wie sie denn künftig besser mit schwierigen Gesprächen umgehen könnten, habe ich die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation leicht abgewandelt als vier hilfreiche Fragen vorgestellt, die sich jedes Elternteil und jeder Erzieher vor möglichen Gespräch zunächst selbst beantworten kann, um selbstgeklärter in ein Gespräch hineinzugehen. Diese vier Fragen hat dann eines der Elternteile fotografiert und in die WhatsApp-Gruppe gestellt. Anschließend haben alle Eltern beschlossen, die Gruppe damit zu schließen und wieder mehr ins persönliche Gespräch zu gehen. Das war für mich ein sehr schönes und berührendes Bild, dass dieser Chat mit den vier Fragen der Gewaltfreien Kommunikation beendet wurde.
Ich möchte gerne mit einem weit verbreiteten Irrtum aufräumen. Immer wieder höre ich zu Beginn einer (Team-)Mediation, es sei doch Sinn und Zweck der Sache, dass "wir hier alle sachlich bleiben". Meine Einladung lautet: Trauen Sie sich, im geschützten Rahmen über Ihre Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen und testen Sie einfach einmal unverbindlich aus, welchen Verlauf der Konflikt nimmt.
Meine feste Überzeugung ist, dass Verständigung und das Aufeinanderzugehen viel einfacher werden, wenn wir uns für unser Gegenüber als Mensch mit Gefühlen und Bedürfnissen sichtbar und erkennbar zeigen.
Veröffentlicht am 15. Feb 2019, das Gespräch führte Robert Glunz.
Wie du als Mediator:in in der Mediation mit dem Wort Fehler umgehen kannst…
Wer hat folgende Situation nicht schon einmal erlebt? In einer innerbetrieblichen Team-Mediation zwischen mehreren Mitarbeitern geht es um die bisher nicht gelungene Umsetzung eines Manuals. Verschiedene Parteien sind der Ansicht, dass die jeweils andere Konfliktpartei die Verantwortung für die Situation trägt, mit der alle Parteien sichtlich unzufrieden sind. Und plötzlich wendet sich eine der beteiligten Parteien vor der ganzen Gruppe an den Sitznachbarn und sagt laut und deutlich: „Aber in der Situation, da hast du doch eindeutig diesen Fehler gemacht!” Für einen kurzen Moment bleibt der angesprochenen Person die Luft weg, doch sobald sich die Konfliktpartei ein wenig gefangen hat, legt sie zum Gegenangriff los….
Immer wieder erlebe ich in Mediationen, wie die Situation weiter eskaliert, wenn eine der Konfliktparteien das Wort „Fehler” benutzt. Oftmals wird dann fast körperlich spürbar, welch negatives Gewicht dieses eine Wort hat und wie die Atmosphäre im Raum binnen Minuten hitzig wird. Wenn Medianden auf der Sachebene hören, dass sie einen Fehler gemacht haben, bricht die Verbindung zum Gegenüber meist sofort ab und eine bereits erfolgte Annäherung rückt in weite Ferne. Kein Wunder, denn eine von mehreren Definitionen von „Fehler” lautet: Etwas, was falsch ist, vom Richtigen abweicht; Unrichtigkeit (Duden). Was Medianden gerade im Streit als Botschaft empfangen, wenn sie hören, einen Fehler gemacht zu haben, ist nämlich nicht, dass auf der Sachebene etwas falsch gelaufen ist, sondern dass sie als Mensch oder als Person falsch sind. Oder dass sie Schuld tragen an der gesamten Situation. Und das möchte nun wirklich niemand auf sich sitzen lassen. Wenig überraschend also, dass das Wort „Fehler” in fast jeder Mediation als verlässlicher Trigger fungiert.
"Gerade in individualistisch orientierten Gesellschaften stellt Scheitern eine Bedrohung des Selbstwertes dar. Je mehr Leistung zum Kriterium für die soziale Rolle und das Selbstbild wird, desto gravierender ist ein Versagen." Olaf Morgenroth ist Professor für Gesundheitspsychologie an der Medical School Hamburg mit dem Forschungsschwerpunkt "Umgang mit Fehlern und Misserfolgen“
Quelle: https://www.consulting.de/job-karriere/arbeiten-im-consulting/consulting/10-tipps-so-gehen-sie-richtig-mit-fehlern-um/ abgerufen am 18.2.2020
Einen hilfreichen Hinweis zum Umgang mit dem Wort „Fehler” erhielt ich vor längerer Zeit von der GFK-Trainerin Hannah Hartenberg. Das Wort „Fehler”, so verkündete sie auf einem Netzwerktreffen, leite sich nämlich keineswegs vom Wort „falsch” ab. Pause und Grübeln unter den Anwesenden. Nein, wovon denn dann? Vielmehr weise das Wort „Fehler” auf ein „Fehlen” hin. Also darauf, dass in einer schwierigen Situation etwas Entscheidendes für eine gute Lösung oder einen guten Umgang mit der Situation gefehlt hat. Lächeln auf den Gesichtern der Anwesenden. Allen ist intuitiv sofort klar, dass diese Unterscheidung eine neue Denk- und Sichtweise bedeutet. Sie hilft, eine Lernkultur zu schaffen statt eine Fehlerkultur beizubehalten. Diese sprachliche Differenzierung hat mich sofort überzeugt und ich habe sie seitdem in vielen Mediationen erfolgreich angewendet.
Das kann sich im oben angeführten Beispiel so oder so ähnlich anhören, wenn Ihr als Mediator:innen auf die Aussage “Du hast einen Fehler gemacht” reagiert:
„Wenn Sie als Team davon ausgehen, dass Fehler bedeuten, dass eine oder einer von Ihnen etwas falsch gemacht hat und dafür allein verantwortlich ist, dann besteht die Gefahr, dass Sie sich nun in eine problemorientierte Debatte über Schuld und Nicht-Schuld verstricken. Wenn Sie hingegen, so wie Sie hier als Team zusammensitzen, für einen Moment davon ausgehen könnten, dass sich das Wort „Fehler” nicht von „falsch” ableitet, sondern auf ein „Fehlen” hinweist, dann könnte das für Sie als Team bedeuten, dass Sie hier gemeinsam herausfinden können, was in der beschriebenen Situation gefehlt haben mag, um zu einer guten Lösung zu kommen”.
Erfahrungsgemäß ist diese Intervention deshalb hilfreich, weil sie zweierlei Nutzen hat: Zum einen wird die Verantwortung für die Situation nicht mehr nur einer Person zugeschrieben, sondern versachlicht und als Frage an alle Beteiligten gerichtet. Dadurch entsteht ein schuldfreier Raum, in dem alle Mitglieder eines Teams gefragt sind, sich mit einer für alle Beteiligten relevanten Frage zu beschäftigen. Zum anderen ist es eine lösungs- und ressourcenorientierte Fragestellung, die die Kreativität, Analysefähigkeit, Innovationskraft und die Lösungsfindungskompetenz der Beteiligten anspricht. Diese beiden Nutzen waren in meiner bisherigen Arbeit besonders wertvoll und ich kann die Anwendung dieser sprachlichen Nuancierung für sämtliche Beratungsformate empfehlen. Ich empfinde die Intervention als weiteren kleinen Schritt weg von einer Fehlerkultur und hin zu einem "lessons learned" und habe in Mediationen in der Vergangenheit oft erlebt, wie die Medianden nach dieser Intervention hörbar aufgeatmet haben und besonders schnell eine große Bereitschaft entstanden ist, gemeinsam und als Team nach dem fehlenden Element zu suchen.
Dieser Artikel erschien im Frühjahr 2020 in der "Spektrum der Mediation", Ausgabe Nr. 80.
5 Ressourcen, die Führungskräfte immer zur Verfügung haben, egal wie der Konflikt gelagert ist.
Konflikte sind mehrdimensional und multifaktoriell. Als Leiter*in, Führungskraft oder Mitglied der Personalabteilung gehört es zu deinen Aufgaben, in Konflikten konstruktiv einzugreifen. Gleichzeitig ahnst du, dass es Umgangsweisen mit Konflikten gibt, die mehr Probleme schaffen als sie zu lösen? Erfahre hier, welche Ressourcen dir im Umgang mit innerbetrieblichen Konflikten zur Verfügung stehen.
Bei Konflikten ist es ähnlich wie mit Zahnschmerzen. Probleme tauchen plötzlich auf und wir wissen: das hat eine Menge mit Karies zu tun. Was tun wir? Wir sagen uns vielleicht so Sätze wie: ‚Ach, das war nur eine kurze Reizung‘ oder ‚Bei einer Erkältung können Zähne schon mal weh tun‘. Früher oder später erkennen wir dann schmerzlich, dass ein Zahnarztbesuch unausweichlich wird. So verhält es sich auch mit Konflikten. Dass sie einfach so verschwinden, ist sehr unwahrscheinlich. Nicht selten haben wir Angst, durch unser Eingreifen die Dinge schlimmer zu machen und warten lieber ab. Die Lösung liegt jedoch nicht darin, gar nichts zu unternehmen, sondern die Sache richtig anzufassen. Zur Not mit einer Wurzelbehandlung, im besten Fall mit einem kurzen Einsatz des Bohrers. Wenn du nicht weiter weißt, ziehe einen Experten hinzu. Mediator:innen analysieren und beleuchten mit dir gemeinsam den Konflikt und beraten dich, welche weiteren Schritte du einleiten kannst.
Unterschwellige Aggressivität und wütendes Verhalten sind Brandbeschleuniger in Konflikten. Doch so negativ diese Gefühle von den Beteiligten wahrgenommen werden, so erfüllen sie doch eine wichtige Funktion. Das Positive am Ärger ist, dass er wie eine Ölstandsanzeige am Auto aufleuchtet, wenn uns etwas stört. Die Botschaft: Es besteht Veränderungsbedarf! Deine Mitarbeiter haben womöglich erkannt, dass Prozesse oder Teams nicht optimal laufen. Gleichzeitig finden sie durch Gefühle wie Wut und Ärger die Kraft, die Störung mitzuteilen. Lassen die Konfliktparteien ihrem Ärger nun jedoch freien Lauf, führt dies überraschenderweise nicht dazu, dass das Gegenüber einlenkt und sich die Situation beruhigt. Vielmehr sind nun beide Konfliktparteien verärgert und befinden sich in einem Wettrüsten der Wut, der berühmten Eskalationsspirale.
Empfehle den Konfliktparteien, sich zurückzuziehen und erst am darauffolgenden Tag das Gespräch zu suchen – wenn nötig in Begleitung. Denn wenn wir uns so richtig geärgert haben, sind die körperlichen Stressreaktionen bis zu acht Stunden im Körper nachweisbar!
Deine Mitarbeiter haben nun eine Nacht drüber geschlafen und möchten endlich loswerden, was genau sie so verärgert hat. Sie wollen gehört und ernst genommen werden. Der größte Fehler bestünde nun darin, die Anliegen der Beteiligten zu ignorieren oder „per Dekret“ für beendet zu erklären, obwohl noch keine Klärung erfolgt ist. „So, jetzt vertragt Euch mal wieder und macht weiter wie bisher!“ Diese Strategie ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Einerseits ignoriert sie die konkreten Konfliktanlässe und du erfährst nicht, welcher Veränderungsbedarf aus Sicht deiner Mitarbeiter besteht. Darüber hinaus beschädigt die Vorgehensweise euer Verhältnis, deine Leute verlieren schlichtweg das Vertrauen, dass du mit ihren Sorgen und Bedenken umgehen kannst. Kurz: Die Strategie führt unausweichlich dazu, dass der Konflikt weiter brodelt und der Leidensdruck steigt. Schon wenn du einfach anerkennst, dass es „Schwierigkeiten gibt“, sorgst du für eine Entspannung im Konflikt.
Deine Mitarbeiter haben Ihre Anliegen vorgebracht. Anschließend scheint für Außenstehende die Lösung manchmal förmlich auf der Hand zu liegen. Wie leicht wäre es da als Führungskraft zu sagen: „Liebe Mitarbeiter, dann ist die Lösung nun, dass Sie Projekt X und Sie Projekt Y übernehmen.“ Doch Vorsicht.
Um einen Konflikt nachhaltig zu klären, braucht es zu gleichen Teilen Verständnis für den Anderen sowie die Sicherheit, vom Anderen verstanden und anerkannt zu werden. Diese Gegenseitigkeit entsteht im Alltag nebenbei, wenn wir zusammen arbeiten, Aufgaben gemeinsam lösen und als Team Erfolge erzielen. Im Konfliktfall allerdings muss diese Gegenseitigkeit erst explizit hergestellt werden, zum Beispiel in einem klärenden Gespräch im Rahmen einer Mediation oder in Beratungsformaten wie Supervision oder Team-Mediation. Wenn dann gemeinsam Lösungen erarbeitet werden, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass diese – von den Mitarbeitern selbst gewählten Strategien – nachhaltig funktionieren.
Nicht selten gibt es in Team-Konflikten einen überraschend einhelligen Konsens darüber, welche Person der Urheber und „Schuldige“ für die derzeitige Misere sei. Hier gilt es jetzt zu entscheiden, ob die Person wirklich aus dem Team genommen werden soll, kann oder muss. Oder spielt die Person eine bestimmte Rolle im Teamgefüge, die nach dem Weggang des Mitarbeiters einer anderen Person zugewiesen wird, so dass nach der Versetzung keine wirkliche Veränderung eintritt? Verweist die Ablehnung dieser Person vielleicht auf Herausforderungen oder unangenehme Themen, die im Team brodeln?
In diesen Fällen ist es im Sinne des Unternehmenserfolgs zielführend, den Schwerpunkt der Intervention auf die Beziehungen im Team zu legen und die noch unsichtbaren Themen zu bearbeiten, bevor du dich voreilig für eine Versetzung, Kündigung oder Beförderung entscheidest. Diese Maßnahme kann, muss aber keine Lösung sein. Im Einzefall lohnt sich ein unverbindliches Vorgespräch um zu klären, welche Maßnahmen du selbst in die Wege leiten kannst oder wo du aufgrund deiner Rolle an deine Grenzen stößt. Mehr Klarheit führt zu besseren Entscheidungen, nutze deinen Handlungsspielraum.
Hast du schon einmal eine Mediation mit Vertreter:innen unterschiedlicher Kulturen abgesagt, weil du dachtest, für eine bestimmte Kultur nicht kompetent zu sein?
Als Mediator:innen sind wir ständig damit befasst, zwischen verschiedenen Welten zu vermitteln und zu übersetzen. Und manchmal glauben wir, diese Form der Vermittlung könne uns nur in dem kulturellen Kontext gelingen, den wir selbst zu kennen glauben.
Und viel grundsätzlicher gefragt: Was ist daran so schlimm, dass wir nicht alles über ein bestimmte Kultur wissen? Ist es in der Mediation nicht gerade so, dass insbesondere unser Nicht-Wissen und unsere Rückfragen den Medianden dabei helfen zu verstehen, was sie bislang in ihrem Konflikt übersehen haben?
Irgendwie ist Kultur ein Scheinriese wie in der Geschichte von Jim Knopf: Je weiter ich von einer Kultur entfernt bin, umso größer erscheint der Riese „Kultur“ und umso mehr fällt mir seine Andersartigkeit auf.
Aus der Entfernung neige ich dazu, der Kultur größeren Stellenwert einzuräumen. Andersherum wird der Scheinriese „Kultur“ immer kleiner, je näher ich an ihn herankomme. Die vorherige Bedeutung und Schein-Orientierung durch die Kultur nimmt mit zunehmender Nähe immer weiter ab – bis hin zur völligen Blindheit gegenüber der kulturellen Komponente.
Anders gesagt: Ich erkenne nicht an, dass ein Familienmitglied, das mir nahe steht und aus der gleichen Kultur kommt, ganz anders empfinden kann als ich. Und gleichzeitig erkenne ich am Ende vor lauter „Kultur“ nicht mehr, dass jemand, der offenbar ganz anders ist als ich, mir in seinen Wünschen und Bedürfnissen sehr nah sein kann.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht notwendig, sich in einer bestimmten Kultur besonders gut auszukennen. Vielmehr kommt es darauf an, unvoreingenommen mit den Konfliktparteien in Kontakt zu treten. Wir glauben, dass Mediation schon von ihren Wurzeln interkulturell ist: Sie ist historisch bereits vor vielen Jahrhunderten in unterschiedlichen Teilen der Welt entstanden. Zudem sind die Kernkompetenzen des Mediators dieselben Fähigkeiten, die auch für interkulturelle Kompetenz beschrieben werden: die Toleranz gegenüber unauflösbaren Widersprüchen, die metakommunikative Kompetenz als Mediator:in und das vorurteilsbewusste Denken.
Damit wir als Mediatoren die interkulturelle Vielfalt als Ressource im Konflikt erkennen und sie als solche nutzen können, ist es wichtig, in Bewegung zu kommen. Denn nur durch die Veränderung der Blickrichtung kann das, was wichtig ist, auch sichtbar werden. So können wir gemeinsam mit den Medianden neue Räume betreten und den Konflikt unter veränderten Gesichtspunkten beleuchten. Gelingt uns dies, erkennen wir die blinden Flecken, die mit jeder Kultur einhergehen. Und blinde Flecken verhindern eine echte Verständigung.
Erst wenn wir gemeinsam mit unseren Medianden eine neue Brille aufsetzten, gewinnen wir andere Einblicke, statt uns vom blinden Fleck unseres Sehnervs narren zu lassen.
Und schon eröffnen sich wie von Zauberhand neue Ansätze und Lösungswege im Konflikt.
Als Mediator:in hast du schon viele Zutaten zur Verfügung, um interkulturelle Mediationen zu gestalten. In unsrem Seminar ‚Interkulturelle Aspekte der Mediation‘ geben wir dir Rezepte für diese Zutaten an die Hand – in Form von Methoden, praktischen Übungen und dem transkulturellen Ansatz der positiven Psychologie von Nossrat Peseschkian. Für nähere Informationen nimm einfach Kontakt mit uns auf.
Warum wir dafür plädieren, Konflikte in Krisenzeiten nicht aufzuschieben, sondern eine Online-Mediation fürs Team einzuberufen.
Du beißt dir auf die Nägel. Wie oft schon hast du dir vorgenommen, die schlechte Stimmung zwischen dir und Maria anzusprechen? Ein Thema nach dem anderen hat Maria auf den Tisch gepackt, und dir ist es schwer gefallen, dich zu konzentrieren. Einen Moment lang kommt dir der Gedanke, dass sie mit diesem ganzen Formalkram eurem eigentlichen Problem ausweicht. Du hast dich heute dabei erwischt, dass du die Gestaltung eures neuen Flyers übernommen hast, obwohl sie das viel besser kann. Nur weil du Angst hattest, dass sie einschnappen könnte und du dann wieder diesen Kloß im Magen spazieren führst.
In den letzten Monaten hat sich in eurem Team viel angestaut. Eure Arbeit hat sich verändert. Bei vielen Themen, über die ihr euch vor Corona einig wart, ist es zu Reibereien, Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen gekommen.
Warum ist das eigentlich so?, fragst du dich.
Die Zeit, die ihr als Team in Präsenz miteinander verbringt, hat sich verringert. Mehr Dinge müssen nun in weniger Zeit geklärt werden. Es gibt einfach keine wertvollen Gespräche in der Teeküche mehr. Wenn es jetzt zu Missverständnissen, Ärger über den Kommunikationsstil des anderen und Ähnlichem kommt, dauert es lange, bis ihr dazu kommt, es zu klären. Bis dahin vergeht viel Zeit, in der sich jede:r von euch so richtig in ihrem Ärger suhlen kann. Wenn ihr euch dann wieder seht, gibt es so viele aktuelle Dinge zu besprechen, das ihr nicht dazu kommt, die alten Verärgerungen aufzuklären.
Ist ja vielleicht auch gar nicht so schlimm, denkst du. Und das geht dann auch wirklich eine Weile lang ganz gut. So lange, bis es das nächste Mal wieder kracht, oder du deinen Ärger herunter schluckst, oder schon wieder die Luft knistert. Nur nicht aus Liebe…
Im Laufe der Zeit wirst du darüber frustriert und fragst dich: Diese berühmte Resilienz, von der immer alle reden, und die sich in Zeiten des Virus angeblich herausbildet, könnte ich da bitte auch was von bekommen? Ihr müsstet euch eigentlich endlich mal zusammensetzen und über alles reden? Von Angesicht zu Angesicht? Eine neutrale Person müsste euch dabei helfen? Doch gerade in der Zeit der Kontaktbeschränkungen fällt euch das schwer?
Gleichzeitig ist dir bewusst, dass die aktuelle Situation für dich auch Vorteile gebracht hat.
In der Familie, wenn nach dem Abendessen alle noch zusammensitzen, etwas spielen oder gemeinsam alte Fotos schauen, wird dir häufiger bewusst, was du an deiner Familie hast. Dir wird klar, wie wertvoll solche intensiven Momente sind und wie schnell sie im Rausch der Möglichkeiten des normalen Alltags verloren gehen können.
Lange, intensive Gespräche am Rhein mit deinem Coronafreund oder -freundin, die ihr im Frühjahr im Lockdown führtet (und die du im Sommer schon wieder vermisst hast)? Die nicht nur neue Erkenntnisse, sondern auch eine neue Nähe zueinander bewirkt haben?
Welche Rahmenbedingungen haben das ermöglicht, und worin lag die Intensität dieser gemeinsamen Zeit begründet, fragst du dich?
Wir schauen uns das hier mal an:
Es geht um Fokus, Tiefe und Regelmäßigkeit.
Es war die Ausblendung der Außenwelt, das Wegräumen von allem, das den Fokus ablenken könnte. Die konsequente Konzentration auf einige wenige (oder nur einen anderen) Menschen. Und sich dann in den nächsten Stunden von nichts ablenken lassen.
Durch diesen Fokus und die Konzentration auf die relevanten Gesprächspartner:innen, entsteht in Gesprächen mit Freunden eine Nähe. Im Konfliktlösungsgespräch schaffen wir etwas Ähnliches, wir nennen es eine Gesprächstiefe, wenn wir gemeinsam zu den Konfliktursachen abtauchen. Und in dieser Tiefe bergen wir die Lösung des Konfliktes.
Wenn das Gespräch einmal in Gang gekommen ist, solltet ihr diesen Schwung nutzen und weiter am Ball bleiben, bis der Konflikt wirklich geklärt ist. Der Vorteil an Online-Mediationen ist, dass durch das Wegfallen von Reisezeiten und damit verbundenen Infektionsrisiken Termine meist schneller und regelmäßiger zustande kommen als in Präsenz. Dies ermöglicht eine Serie von Gesprächen, die wiederum Fokus und Tiefe beinhalten. Eine positive Dynamik entfaltet sich.
Der Fokus, die gedankliche und emotionale Nähe und das regelmäßige Gespräch sind die Qualitäten, die wir in der Online-Mediation herzustellen trachten. Und bevor ihr fragt: Nein, eine Mediation per Videokonferenz ist nicht dasselbe wie eine Mediation in der persönlichen physischen Begegnung.
Wir behaupten, dass es zum Zweck der Mediation günstiger ist, die körperliche Nähe zu opfern für einen absichtlich hergestellten Fokus im oben beschriebenen Sinn. Körperliche Nähe kann ein entscheidendes zusätzliches Qualtitätsmerkmal für Nähe sein, klar. Für sich alleine bedeutet sie jedoch nichts, sie kann sogar defokussierend und eskalierend wirken, wie jede überfüllte U-Bahn beweist.
Wir wissen nicht, wohin sich die Infektionslage entwickeln wird. Doch egal ob mit oder ohne Kontaktbeschränkungen, die Learnings aus den Lockdowns kann uns niemand mehr nehmen.
Unsere Erkenntnis ist: Viele der Faktoren gelingender Gespräche lassen sich über Videosoftware sehr gut umsetzen, wenn man weiß, worauf es ankommt. Im Fall der Mediation ist das die Konzentration auf die Menschen in deinem Team, mit denen du wirklich etwas zu klären hast. Und die Entscheidung für die Dritten, die sich mit den technischen Gepflogenheiten, der Steuerung solcher Gespräche und der Gesprächstiefe, also den Wegen hin zu konstruktiven Lösungen, gut auskennen.
Online-Mediation für dein Team mit Zoom? Ja, echt jetzt.
Falls du so naiv bist wie ich bei der Eröffnung der RheinMediation, fängst du einfach an: Flugs ein Büro gemietet, Schild an die Tür, und Webseite veröffentlicht.
Die Idee: Alle, die Streit haben, finden die Homepage (oder das Türschild), lesen, da gibt‘s Mediation und denken ‚prima, da wird mir ja geholfen‘ und engagieren dich als Mediator.
Die Realität: Das Telefon schweigt, ich überprüfe ständig, ob die E-Mail-Adresse wirklich funktioniert, und wenn es an der Tür klingelt, ist es ein Paket für den Nachbarn über mir.
Irgendwann denkt du dann, ich muss mal was tun, dass die Leute auch von meiner Existenz erfahren – und schaltest (beispielsweise) Google-Ads. Da bekommt die Suchmaschine Geld dafür, dass du bevorzugt eingeblendet wirst, wenn Benutzer:innen nach bestimmten Begriffen suchen. Eine tolle Erfindung, besonders für Google.
Das Problem: wenn du nicht sehr sorgfältig die Suchintention der Benutzerin mit der Gestaltung der Anzeige (und der Webseite, auf die diese verweist) abgleichst, passiert es eher selten, das wirklich jemand auf diesem Weg deine Dienstleistung in Anspruch nimmt. Gleichwohl kostet jeder Klick auf die Anzeige Geld, und zwar deins. Das Anzeigenschalten so umzusetzen, dass es wirtschaftlich ist, ist eine Kunst für sich. Die technische Umsetzung ist jedenfalls der viel kleinere Teil, viel entscheidender ist es, die richtigen Formulierungen und die richtige Gestaltung zu finden, die den Suchenden das Gefühl geben, ‚Oh, hier bin ich richtig!‘. Und, genauso wichtig: denen, die nicht deine Zielgruppe sind, zu zeigen: Hier gibt‘s nichts für Euch, bitte weitergehen!
OK, Lehrgeld abgeschrieben, nächster Versuch.
Diesmal habe ich mir von Internet-Agenturen beim Mediationsmarketing helfen lassen. 1. Variante: wir optimieren deine Website, tragen dich in (irgendwelche ominösen) Verzeichnisse ein und schalten Werbeanzeigen. ‚Na, endlich geht es voran‘, dachte ich. ‚Was so teuer ist, muss ja gut sein‘. Hätte ich mal ins Kleingedruckte geschaut: da stand nämlich, dass ich die Texte und Bilder dazu liefern soll. Mit anderen Worten, an meinem Grundproblem hat sich nichts geändert: dass nämlich die Qualität dieser Texte und Bilder über den Erfolg entscheiden. Die korrekte technische Umsetzung ist zwar notwendig für den Erfolg, aber nicht hinreichend. (Das hätte ich mir mal aus dem Mathematikunterricht hinter die Ohren schreiben sollen…)
Ich mach‘s kurz: es war zwar arbeitsreich und teuer, es hat sich auch was bewegt, aber es war nicht sonderlich wirtschaftlich.
Auf zur 2. Variante: ‚Das passiert dir nicht nochmal‘, sagte ich mir. ‚Jetzt beauftragst du eine Agentur, die auch das Texteschreiben übernimmt‘. Nun hatte ich Texte, die gut performten. Blöderweise beschrieben sie aber eine Haltung und eine Dienstleistung, die nicht viel mit dem zu tun hatten, was ich tue und wofür ich stehe. Ich war nun fremd im eigenen Haus. Auch hatte ich das Gefühl – und das ist ja auch logisch – dass ich die falschen Kund:innen anzog. Wo es zwischenmenschlich nicht so gut passte, und die Ergebnisse nicht so überzeugend waren. Also habe ich diese Texte wieder abgeschaltet, und beschlossen, dass 1. Marketing nichts für Mediation ist, und 2. ich selbst vom Typ her für Marketing und ungeeignet bin. ‚Das bin ich halt nicht‘, habe ich mir gesagt.
Dass ich in dieser Zeit trotzdem gut zu tun hatte, lag daran, dass ich in der echten Welt viele Ideen und Vorgehensweisen umgesetzt habe, die gut geklappt, und für eine gute Auslastung gesorgt haben. Der Groschen, die Grundideen dieser Vorgehensweisen auf mein online-marketing anzuwenden, ist merkwürdigerweise erst Jahre später gefallen.
Der wichtigste Schluss, den ich heute aus diesen Erfahrungen ziehe: Ich komme als Mediationsunternehmer nicht umhin, meine Texte selbst zu schreiben. Banal? Mitnichten. Denn diese Texte haben viele Aufgaben:
1. Sie sind ein Dialog mit unseren potentiellen Kund:innen. Die Stimme dieser Texte hallt (hoffentlich…) im Bewusstein der Leser:innen nach und regt zur Auseinandersetzung mit den Inhalten an, die Leser:in antwortet im inneren Dialog auf gemeinsame Werte (‚Ja, genau, das finde ich auch!‘) oder gewagte Thesen (‚Das könnt ihr eurem Zahnarzt erzählen‘), und diesen Dialog führen wir fort, wenn wir dann in echt am Telefon sprechen oder zusammen arbeiten.
2. Sie regen einen Perspektivwechsel im Umgang mit ihren Konflikten an: alle, die nach dem Lesen so überzeugt sind, dass sie Kontakt mit uns aufnehmen, haben diesen Perspektivwechsel vollzogen.
3. Sie geben Gelegenheit uns, unsere Haltung und die Methode Mediation kennenzulernen.
4. Sie sind am Vertrauensaufbau beteiligt: ‚Wenn ich diese Texte lese, bekomme ich ein gutes Gefühl, dass wir zusammenpassen könnten.‘ Das liegt daran, dass wir die Menschen, mit denen wir zusammen arbeiten möchten, mit ihren Anliegen so beschreiben, dass sie sich wieder erkennen.
Ich würde so weit gehen, alles, was wir unternehmen, damit die richtigen Menschen zu uns finden, als die 0. Phase der Mediation bezeichnen.
Mediationsmarketingkompetenz ist Mediationskompetenz, weil wir die gleichen Kompetenzen dafür brauchen: Empathie, Allparteilichkeit, Phantasie, Mut. Ein gewisses Händchen für Prozesse. Und mindestens so gut zuhören zu können, wie wir reden können. Ähm, und Geduld.
Daher denken wir auch, dass Marketing für Mediator:innen etwas Spezifisches ist: Ganz bestimmt können wir keine schreihalsige Werbung betreiben, und ganz bestimmt müssen die Formen, die wir wählen, mit unserer Haltung als Mediator:innen harmonieren. Ich hätte nie von mir selbst geglaubt, dass ich das Thema ‚Marketing‘ mal ernsthaft und intrinsisch interessant finden würde – und doch ist es die Reise, auf der wir uns gerade befinden: Marketing für Mediator:innen immer besser zu durchdenken und anzuwenden, zu leben. Danke, Universum!
Marketing für Mediation – 1. Teil: Perspektive von Mediator*innen
Wie Mediator*innen ihren Markt entdecken, ihre Kund*innen ansprechen und ihre Dienste gewinnbringend anbieten.
Dr. Sascha Weigel im Gespräch mit Dr. Isabell Lütkehaus, Imke Trainer und Dr. Jürgen von Oertzen
Zu hören in: Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.
Über den Autor: RA Dr. jur. Sascha Weigel, Mediator und Ausbilder (BM) - berät, coacht, bloggt und podcastet zu Mediation und Konfliktmanagement in Zeiten der Digitalen Transformation. Begründer der Elemente der Mediation (www.elemente-der-mediation.de) sowie Inhaber von INKOVEMA. Begeisterter Fernwanderer und Fussballfan. Lebt in Leipzig und arbeitet bundesweit.
Worum geht’s?
Auf Mediation lässt sich aus vielen unterschiedlichen Perspektiven schauen.
Heute werden wir nicht auf Mediation als Heilsbringerin einer überlasteten Justiz schauen. Diese Perspektive ist – zumindest für Deutschland – allem Anschein nach ohnehin überholt. Denn trotz der dramatischen Klagerückgänge bei Gerichten in den vergangenen 15 Jahren sind die Konfliktparteien keineswegs zu denjenigen in Scharen gerannt, die sich gut und nahe der Gerichte positioniert hatten und sich Mediatorinnen und Mediatoren genannt haben. Sie haben allen Anschein nach wenig dazu beigetragen; eher schon die vielen Ausbilder und Ausbilderinnen, die Organisationsarbeiter und Arbeitnehmerinnen in konstruktiver Konfliktvermittlung geschult haben. Aber das ist eine These für eine andere Podcast-Episode.
Heute schauen wir auch nicht auf die Mediation als Mission und Lebenseinstellung, die schon fast religiös auf ein Konfliktbearbeitungsverfahren schwört. Hier schien zuweilen das böse, stief-, naja staatsväterliche Gerichtsverfahren vor allem Verlierer zurückzulassen, so dass es keinen guten Stand im Vergleich zur jungen Mediation hatte. Gerichtsverfahren schienen altbacken, geradewegs aggressiv im Vergleich zur Mediation, die mit ihrem Mantra von einer win-win-Situation, eingepackt in einer Apfelsinenschale, daherkam.
Wir sprechen über Mediation als eine Dienstleistung, die in einer sich digitalisierenden Informations- und Aufmerksamkeitsökonomie angeboten wird. Menschen, die sich Mediator*innen nennen und als Verkäufer*innen auftreten, wollen mit diesem Produkt ihren Lebensunterhalt bestreiten, Auto, Büro, Computer, Mitarbeiter*innen sowie Kinder, Familie und damit auch (Aus-, Weiter- und Fort-) Bildung von sich sowie den eigenen Kindern – und nicht zuletzt auch oder vielleicht eine Altersvorsorge davon bezahlen.
Marketing heißt Gelegenheiten verschaffen, Gelegenheiten zu mediieren, in Konflikten zu vermitteln. Nun, Gelegenheiten an sich gibt es sicherlich genug, da es an Konflikten nicht mangelt, doch geht es eben um Gelegenheiten, bei denen die Konfliktparteien bereit, fähig und willens sind, dafür ein angemessenes Honorar zu zahlen.
Dr. Sascha Weigel: https://inkovema.de
Dr. Jürgen von Oertzen: https://www.einigungshilfe.de
Dr. Isabell Lütkehaus: http://luetkehaus.berlin/
erwähnte Personen und Projekte im Podcast:
Marja Költzsch – geförderte Mediation in der Pflege: https://crossword-mediation.com/
Artikel veröffentlicht in der Spektrum der Mediation, Ausgabe Nr. 84, 2. Quartal 2021
Würdest du dieser Aussage zustimmen?
Das ist für uns Mediatoren wirklich eine Hürde, stimmt's: Uns als Mediator:innen mit unserer Persönlichkeit zu zeigen, das fällt uns in der Selbstdarstellung häufig schwer. Lies hier, warum es wichtig ist, dass wir Mediator:innen uns beim Thema Selbstmarketing aus der Grauzone herausbewegen und endlich mehr Farbe bekennen – nämlich zu uns selbst.
Denn wer wir sind und wofür wir stehen - auf dieser Grundlage entscheiden sich Mediand:innen dafür (oder dagegen), uns zu beauftragen.
Unter uns Mediator*innen ist die Neutralität ein hohes Gut. Gründlich haben wir in unseren Mediationsausbildungen gelernt, dass wir nicht nur neutral, sondern sogar allparteilich sind. Denn am Ende wollen wir doch beide Seiten der Medaille sehen und helfen, den Konflikt zu klären, statt uns selbst mit unserer Meinung in den Vordergrund zu stellen.
Und dazu braucht es eben diese professionelle Zurückhaltung!
Oder etwa nicht?
Die meisten von uns haben ein komisches Gefühl dabei, sich als Mediator:in vermarkten zu müssen. Haben wir uns nicht unter anderem für Mediation entschieden, weil wir die Art, wie Menschen miteinander reden, ändern wollen? Ehrlich und relevant anstatt manipulativ und bestenfalls halbwahr, wie in der Werbung? Wollen wir nicht zugewandt zuhören statt ichbezogen drauflos zu plappern?
Als Mediator:innen sind wir es gewohnt, nicht über uns zu sprechen. Doch genau diese Überzeugung kann uns beim Thema “Marketing” im Wege stehen. Diese Form der geringen eigenen Sichtbarkeit, die uns in unserer Arbeit oft zugute kommen, bietet wie alle Konzepte nicht nur Ressourcen, sondern birgt auch Risiken.
Hier plädiere ich dafür, dass wir die Zurückhaltung als Person, die wir für die Mediation als wertvoll erachten, nicht auf unser Marketing als Mediator:innen übertragen.
In unserer Selbstdarstellung sollten wir, im Gegenteil, als Menschen lebendig werden und mehr Farbe bekennen. Nicht nur von unseren Stärken berichten, sondern auch etwas über unsere Lernfelder, um nicht zu sagen 'Schwächen' erzählen. Dazu beitragen, dass die Welt sichtbar bunt und vielfältig ist, auch unter uns Mediator*innen. Sei es, dass wir offen damit umgehen, Teil einer Regenbogenfamilie zu sein oder dass wir uns aufgrund (negativer) Erfahrungen in unserer eigenen Biografie auf das Thema “Narzissmus und Mediation” spezialisiert haben. All diese Bekenntnisse und Farbschattierungen sind wichtig, damit unsere Mediand*innen unsere Leidenschaft und Verbundenheit mit ihnen als Menschen spüren – statt lediglich als Unbeteiligte unserer eigenen Begeisterung für das Produkt “Mediation” beizuwohnen.
Und damit sind wir beim ersten Missverständnis im Marketing für Mediator:innen angekommen, das die US-amerikanische Marketingexpertin Marie Forleo in ihren Worten so zusammenfasst:
Anders gesagt: Wenn wir Farbe bekennen für echte Menschen und ihre Probleme im Konflikt, werden wir ein überzeugendes Beziehungsangebot machen.
Wenn wir hingegen für das abstrakte Konzept ‘Mediation’ werben, ist das für unsere potentiellen Konfliktparteien gefühlt erst einmal nicht relevant. Weil es nichts mit Ihnen persönlich und ihrem Leben zu tun hat. Das merken wir an der typischen Antwort: 'Mediation? Ja, ja, interessante Sache, diese Mediation. Ich glaube aber, für dieses Problem/meinen verstockten Streitpartner/meine Familie… ist das irgendwie nicht das Richtige.’
Falls Ihnen diese Antwort bekannt vorkommt, könnte es vielleicht sein, dass Ihre Begeisterung für die Mediation gleichzeitig eine Kluft zwischen Ihnen und den Menschen aufmacht, denen Sie gerne helfen würden.
Andersherum können wir auch unleidenschaftlich und sachlich über Mediation sprechen und auf dieselbe Hürde stoßen.
Dazu möchte ich Tilman Metzger zitieren, der mir mit seinem Beitrag “Mediation als Beruf” in der Spektrum der Mediation Nr. 79, 2020, in dieser Hinsicht aus der Seele gesprochen hat.
Zitat: “Einige Angebote im Netz werben an erster Stelle damit, Mediation sei ein strukturiertes und freiwilliges Verfahren, durch das Parteien eigenverantwortlich interessengerechte Lösungen entwickelten. Das ist ungefähr so, als ob ein Winzer schreiben würde, sein Wein sei aus Trauben gekeltert, habe eine rote Farbe und enthalte Alkohol. Es bleibt den Interessent*innen verborgen, warum sie sich ausgerechnet für jene Mediatorin oder diesen Wein entscheiden sollten. Im Netz muss den Kund*innen aber auf den ersten Klick klar sein, was die Besonderheit genau dieses Angebots ist, sonst wird die Seite schnell verlassen.”
Unsere Herausforderung beim Marketing als Mediator*innen besteht demnach aus einer Verquickung von zwei sich widersprechenden Umständen: Dass wir einerseits verliebt sind in das Konzept der Mediation und andererseits so neutral, also so sachlich und farblos darüber sprechen, wie wir das von uns als Mediator:innen erwarten würden.
Auf dem eigenen Internetauftritt Farbe zu bekennen, ist in dieser Hinsicht also eine besondere Chance, eine Beziehung zu potenziellen Medianden aufzubauen. Ein Klicken zu erzeugen zwischen dir und genau den Medianden, die mit dir und mit niemand anderem arbeiten möchten. In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein weiteres Missverständnis anführen, das es in der Kommunikation mit Medianden von morgen zu berücksichtigen gilt.
Häufig lautet dies in den Worten von uns Mediator:innen:
“Die Medianden müssen erkennen, dass sie eine Mediation brauchen und dann den ersten Schritt machen und uns anrufen”.
Die gute Absicht, die hinter dieser Aussage steht, ist sicherlich, die Werte der Freiwilligkeit und der Eigenverantwortung zu stärken.
Diese möchte ich ausdrücklich würdigen und für die Mediation bewahren.
Und gleichzeitig darf ich mir als Mediator:in bei jeder Kundenkommunikation, egal ob Webseite, kostenloses Telefonat oder Flyer, immer wieder vor Augen führen, dass wir als Mediator*innen bereits wissen, welche Wunder die Mediation bewirken kann.
Wir haben Vertrauen in die Mediation. Wir haben in unserer Ausbildung oder durch unsere Erfahrung als Teilnehmer:in an einer Mediation am eigenen Leib eine positive Erfahrung gemacht und wir erinnern uns, wie gut sich das angefühlt hat, verstanden zu werden und gemeinsam eine Lösung zu finden.
Unsere Mediand*innen wissen das jedoch noch nicht. Sie stecken im Konflikt und in ihren negativen Gefühlen fest – und sie möchten mit diesen Gefühlen dringend gehört und gesehen werden.
Wie können wir da erwarten, dass sie aufgrund eines Auszugs aus einem neutral gehaltenen Text im Stil eines Wikipedia-Artikels Feuer fangen?
Uns Vertrauen schenken und ihre kostbare Beziehung in unsere Hände legen, wenn wir mit Leidenschaft über ein Verfahren statt über ihre Situation sprechen?
Womit wir bei der zweiten Erkenntnis angelangt sind, die sich im Laufe der Zeit eingestellt hat:
Das Zustandekommen einer Mediation setzt voraus, dass Mediator*in und Mediand*in eine vertrauensvolle Beziehung zueinander aufbauen. Dieser Beziehungsaufbau wird jedoch durch die Tatsache erschwert, dass unsere Mediand*innen sich in einer Ausnahmesituation befinden. Sie sind im Konflikt und stehen unter Stress. Deshalb können wir nicht einzig und allein darauf hoffen, dass sie ganz reflektiert und im Vollbesitz ihrer geistigen Ressourcen den ersten Schritt gehen und uns anrufen.
Es empfiehlt sich vielmehr, dass wir die Frage umdrehen und uns überlegen:
Vertrauen bedeutet den ersten Schritt zu tun auch wenn du die Treppe noch nicht ganz sehen kannst. Martin Luther King
Die gute Nachricht:
Wir können es unseren potenziellen Mediand*innen leicht machen, diese Treppe zu erahnen, indem wir ihnen das Gefühl geben, dass wir da sind, bevor sie stolpern.
Und zwar indem wir uns so darstellen, wie wir auch in der Mediation sind.
Ehrlich, menschlich und kompetent.
Und das bedeutet in der Konsequenz: Im Marketing sind wir Mediator*innen diejenigen, die den ersten Schritt gehen.
Marketing für Mediator:innen bedeutet ganz konkret:
Je sensibler unsere Dienstleistung ist, desto mehr sollten wir in den Vertrauensaufbau investieren.
Diese Tatsache ist mir klar geworden, als ich im vergangenen Jahr selbst Teil einer Marketing Mastermind-Gruppe war und festgestellt habe, dass die Kolleg*innen mit den sensibelsten Beratungsleistungen (Sexualberatung) diejenigen waren, die sich am weitesten aus dem Fenster gelehnt haben (eigener Youtube-Kanal). Auf Mediation übertragen hat das 'Sich-Zeigen' für unsere Mediand*innen den großen Nutzen, dass es unsere Welt, unser Selbstverständnis und unsere Art zu arbeiten für sie lebendig macht.
Es kann bedeuten, von eigenen Mediationserfahrungen zu sprechen und wie es sich angefühlt hat, selbst Mediand*in zu sein. Auch Humor ist nicht verboten. Am Ende geht es darum, uns in den Farben zu zeigen, die unsere Persönlichkeit ausmachen.
Und hier ein letztes Missverständnis im Marketing für Mediator*innen: Persönlich heißt nicht privat. Farbe zu bekennen bedeutet nicht, Privates zu teilen. Es reicht vollkommen aus, persönlich zu werden. Was macht dich als Person (nicht als Privatmensch) aus? Es geht um das Gesamtwerk aus Mensch und Mediator*in, das wir sind. Nur so wissen künftige Mediand*innen, wem sie sich mit ihrem Konflikt anvertrauen.
Zugegeben, in Zeiten von pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen kann dies zur echten Hürde werden. Doch womöglich tun sich genau dort ganz neue Bereiche auf, um Farbe zu bekennen. Auch über Audio- und Videoaufnahmen auf Webseiten und in Podcasts können sich potentielle Medianden ein Bild von dir machen.
(Fast) live und in Farbe.
Und über dieses “Farbe bekennen” finden die Medianden dann zu uns. Dadurch, dass Sie uns schon vor der Mediation erleben, durch das Hören und Fühlen auf Probe.
Und ganz ehrlich: Kennen wir das nicht auch von uns selbst?
Möchten wir an der Käsetheke nicht auch lieber erstmal in Ruhe den lange gereiften Comté probieren und diesen mit dem Geschmack des ähnlich aussehenden Gruyère vergleichen statt gleich ins kalte Wasser zu springen und ohne Erstkontakt und ohne Fühlen und Schmecken ein unleidenschaftlich angepriesenes und zudem hochpreisiges Produkt namens “Rohmilcherzeugnis” zu kaufen?
Dann hinterlass uns doch gerne mal einen Kommentar...
Ich bin gespannt.
Herzlich, Imke
Ganz ehrlich: Im Marketing für Mediator:innen wimmelt es nur so von Trugschlüssen und Fehleinschätzungen. Klarer Fall von denkste.
Hier geben wir dir einen Überblick über die acht häufigsten Missverständnisse, die uns immer wieder begegnen, wenn wir mit Menschen über Mediation sprechen. Wenn du mehr zum Thema Sog-Marketing wissen willst, mit dem du als Mediator:in wirklich gebucht wirst, dann freuen wir uns im Gratis Live-Training auf dich!
Für die schnelle Leserin haben wir die acht Aussagen in dieser Liste zusammengefasst:
Wenn du dich für die Geschichten hinter den Missverständnissen interessierst, dann lies gerne zu allen Missverständnissen hier weiter...
Wir beginnen mit dem Missverständnis No 1. Erinnerst du dich an die magischen Momente in deiner Mediationsausbildung? Als du im Rollenspiel verstanden hast, wie der Andere wirklich fühlt? Warum sich der Konflikt mit der Partnerin alleine nicht lösen lässt? Wie viel Mediation dann bewirkt? Weil du dich verstanden gefühlt hast und selbst verstanden hast, was gerade passiert im Konflikt? Weil Verständigung plötzlich wieder möglich war?
Kurz: Erinnerst du dich, wie du dich vollends und für immer in die Mediation verliebt hast? Wie du dir vorgenommen hast, die Mediation in die Welt hinaus zu tragen? Gesagt, getan. Nur leider reagieren deine Gesprächspartner meist nicht ganz so begeistert, wenn du ihnen berichtest, dass Mediation aus 5 Phasen besteht? Kein Wunder. Unsere Medianden von morgen wissen (noch) nichts vom Zauber der Mediation – verständlich, denn sie sind ja im Stress, im Konflikt. Ihnen fehlt die Erfahrung, die wir Mediator:innen machen durften: Dass sich Konflikte über die Beziehungsebene lösen, darüber, dass du dich verstanden gefühlt hast von echten Menschen. Was bedeutet das für unser Marketing für Mediator:innen? Es heißt: Wir brauchen erstmal eine Verbindung zu den Leuten. Ohne diese persönliche Verbindung springt der Funke nicht über. Daher sollten wir uns nicht nur in unser Produkt "Mediation" verlieben, sondern in die Menschen, denen das dienen soll.
Hast du wegen eines Konfliktes nachts schon mal wachgelegen und vor Wut nicht schlafen können? Hand auf's Herz: Wie sehr hätte es dir in diesem Moment geholfen, von einem abstrakten Verfahren zu hören, in dem es vor Fachbegriffen nur so wimmelt (Allparteilichkeit, Eigenverantwortung, Vertraulichkeit etc.)? Hätte dich das emotional abgeholt? Hättest du dadurch eine Verbindung zu einem Menschen (geschweige denn einem Mediator) aufgebaut?
Wir vermuten: Eher nicht, oder?
Wenn wir uns also in die Menschen verliebt haben, denen unsere Mediation dienen soll, sollten sie sich auch in uns verlieben. Doch das ist am Anfang gar nicht so leicht. Ein sehr naheliegender Gedanke, den viele Mediatoren während und nach der Ausbildung haben, ist: „Mensch, diese beiden bräuchten dringend mal eine Mediation.“ Und das mag stimmen. Doch trotzdem rufen sie dich nicht als Mediatorin zur Hilfe. Aus unserer Erfahrung fehlt ihnen das Vertrauen, den ersten Schritt zu gehen. Konfliktparteien sind in der Regel
Kein Wunder, dass sie nicht den ersten Schritt machen, oder? Wenn der Berg also nicht zum Propheten kommt, dann bedeutet es, dass du mit deinem Marketing einen Schritt zu den Medianden gehst. Wie kannst du es ihnen leicht machen, die erste kleine atomare Veränderung einzuleiten? Indem du den ersten Schritt gehst. Eine Brücke baust. Den Einstieg zu dir erleichterst. Hilf deinen Medianden, zeig dich und bau Vertrauen auf, z. B. mit einem Kennenlernangebot. Zum Beispiel, in dem du eine Übungsgruppe anbietest. Indem du einen Vortrag hältst, bei dem du am Ende noch eine Mini-Übung mit Praxiseffekt durchführst. Hast du schon ein kostenfreies Kennenlernangebot in deinen Leistungen?
Wenn nicht, dann komm in unser Mentoringprogramm und entwickele genau die niedrigschwelligen Angebote, die deinen Konfliktparteien brauchen
Im ersten Missverständnis sprechen wir davon, dass wir uns in die Menschen verlieben sollten, denen unsere Mediation dienen soll. Und uns dann (Missverständnis Nr. 2) auch noch zeigen sollen. Haben da bei dir als Mediator:in nicht schon längst die Alarmglocken geklingelt? Wir Mediator:innen lieben doch unsere Neutralität und Allparteilichkeit. Und das ist für die Konfliktbegleitung nicht nur gut so. Es ist ein unerlässlicher Teil unserer Arbeit.
Wonach entscheiden Menschen sich für oder gegen eine Mediation? Surprise – nach Kompetenz und Sympathie. Sympathisch werden wir für andere nur dann, wenn wir lebendig werden, erlebbar, fühlbar und spürbar. Wenn wir also nicht nur über Mediation sprechen, sondern darüber, wer wir sind und was uns ausmacht. „Ich möchte aber bitte bloß nichts Privates über mich auf Social Media erzählen!“, denkst du jetzt vielleicht? Relax. Musst du auch nicht. Persönlich heißt nicht privat. Was persönlich ist und was privat, das entscheidest du. Persönlich kann Spaß machen (du hast ein special-interest-hobby wie “Ich bringe Kindern das Programmieren bei”), kann witzig sein oder berührend...es liegt bei dir.
Persönlich zu werden hilft deinen Medianden, sich für dich zu entscheiden.
> Wie bist du persönlich? Teile deine Gedanken unter unserem „Persönlich, nicht privat“-Post auf Instagram!
Kennst du das Gefühl, dass du am Anfang am liebsten überall nur den Rotstift ansetzen und alle anfallenden Kosten streichen möchtest? Klar, gerade zu Beginn braucht es erstmal einige Vorleistungen, bspw. Webseite und Raummiete. Doch wenn wir das lediglich als Ausgaben betrachten, sollten wir uns fragen, was uns unser Geschäft bedeutet. Ist es das Unterfangen "Ich werde Mediator:in" nicht wert, da Geld zu investieren? Bedeutet das vielleicht, dass wir nicht an einen Return in Investment glauben? So waren wir anfangs vorsichtig mit finanziellen Transaktionen. Bis es irgendwann geklickt hat. Mein Schlüsselmoment war eine Fortbildung, durch die ich schon zwei Monate später einen Workshop geben konnte und – oh Wunder – Einnahmen erzielte. Viel schöner, viel befreiender und viel empowernder haben wir uns erlebt, als wir angefangen haben, alles Finanzielle im Hinblick auf die Frage zu untersuchen, ob es eine Investition sein könnte?
Also etwas, bei dem du so viel zurückbekommst, dass du selbst wieder etwas geben kannst und auch dafür wieder etwas zurückbekommst. So schließt sich der Kreis und es kommt (gegenseitiges) Wachstum in Gang. Wunderschön. Worin möchtest du investieren? Weiterbildungen, Ads, Website? Schreibe dir jetzt drei spontane Ideen auf, von denen du glaubst, dass sie eine Investition sind, die dich deinem Ziel näher bringen. Wir freuen uns, wenn du deine Ideen in den Kommentaren mit uns teilst.
Was wir für unseren Erfolg von Bäumen lernen können? Dazu haben wir zwei tolle Gedanken bei Veit Lindau gelesen:
Genial, oder? Wenn wir uns auf dem Feld der Mediation also nicht mehr als Bäume, sondern als Teil eines Waldes verstehen, wird alles leichter. Das setzt voraus, dass wir uns nicht mehr als Konkurrent:innen betrachten. Dass wir uns fragen, wie wir beitragen können. Denn ein Wald lebt vom Miteinander. Größere Bäume spenden Schatten für kleine Setzlinge, gleichzeitig sind alle über ein Netz aus Wurzeln miteinander verbunden. Fühlst du dich manchmal als Einzelkämpfer:in auf dem Weg ins Mediationsgeschäft? Wie ein Baum...? Oder hast du schon andere Bäume für die Zusammenarbeit gefunden? Wenn ja, wie seid ihr zusammengewachsen?
> Erzähl doch mal in den Kommentaren...Baum oder Wald? Wenn du auch in Zukunft mit uns verbunden bleiben möchtest, abonniere gerne unseren Newsletter. Wenn du noch mehr Wald möchtest, findest du hier unser Mentoringprogramm mit wöchentlichen Coaching-Calls zu deiner Unterstützung, an denen du mit Gleichgesinnten in den Austausch gehst.
Lass dich als Mediator:in besser finden! Natürlich kennen wir das Dilemma. Wir möchten, dass Menschen uns finden als Mediator:in und spontan rufen: Das ist die Richtige für mich!
Nur … damit du gefunden wirst, solltest du dich zeigen. Denn: Ohne Zeigen kein gefunden werden. Leuchtet ein? Im heutigen digitalen Zeitalter eignen sich Instagram, Facebook, Website … besonders gut. Sie sind kostengünstig und gut zu bedienen. Falls du dich technisch schwertust, frag die junge Generation! Sie helfen dir bestimmt gerne und bald wirst auch du Profi sein.
Du bist schon Social Media-, Website- und Blog-Profi? Dann schau doch mal, wie du dich regional zeigen kannst. Wissen deine Nachbar:innen von deiner Tätigkeit?
Neulich in einem privaten Chat:
„Mediator:innen gibt es doch schon wie Sand am Meer! Wieso willst denn du jetzt auch noch als Mediator:in arbeiten?“
„Vielleicht hast du recht … andere sind ja auch schon weiter, das sind bestimmt die besseren Mediatoren, mit denen kann ich mich nicht vergleichen.“
„Genau, mach etwas Gescheites! Es gibt doch viel mehr Mediatoren unter uns als Menschen, die ihre Konflikte klären wollen.“
„Ja, das stimmt. Wir können ja auch nicht ernsthaft alle als Mediatoren arbeiten.“
Hast du diesen Satz schon mal gehört? Kennst du solche Gedanken? Das ist eines unserer liebsten Missverständnisse, weil es so leicht zu entkräften und so schön zu durchschauen ist. Ein Blick über den Tellerrand genügt und wir sehen, dass es bei unseren Nachbar:innen, den Coaches, anscheinend kein Problem ist, dass es so viele davon gibt. Weißt du, was die Coaches in den vergangenen 20 Jahren gemacht haben?
Warum sollte das bei uns Mediator:innen nicht ebenso gelingen? Die gute Nachricht ist: Konflikte sind ein stetig nachwachsender Rohstoff! Deswegen kann es gar nicht genug Mediatoren geben.
Wir versprechen als Mediator:innen keine Lösung. Oder? Ja, das gilt für die Mediation, nicht jedoch in unserem Marketing, also in der Art, wie wir die Beziehungen zu unseren Medianden gestalten. Da kann diese Aussage zu einem blockierenden Dogma werden. All unsere Kunden möchten raus aus dem Konflikt und sehnen sich nach Lösungen. So, wie es sich jetzt anfühlt, kann es nicht bleiben. Es muss sich was ändern! Sie brauchen eine bombensichere Antwort, warum sie zu dir in die Mediation kommen sollten, und die Aussage, dass du keine Lösung versprichst, die hat wirklich noch nie einen Menschen raus aus dem Konflikt und rein in die Mediation gelockt.
Was kannst du stattdessen tun? Hier ein paar Ideen, welche Fragen du auf integere Art und Weise beantworten kannst, statt eine Lösung zu versprechen: Wenn ich deine Kundin werden will, brauche ich z. B. Antworten auf die Frage:
Also Antworten auf die Frage: what's in it for me? Genau. Deine Kundin möchte Antworten. Es ist leicht, ihr welche zu geben, ohne eine Lösung zu versprechen. Tun wir uns und unseren Kunden also den Gefallen und sprechen wir Klartext.
Du hast noch mehr Lesehunger?
Apollo-Foto Nr. AS08-14-2383
Image courtesy of the Earth Science and Remote Sensing Unit, NASA Johnson Space Center https://eol.jsc.nasa.gov
Ganz ehrlich, wenn du als Mediator:in dein Marketing planst, denkst du dann im Modus von Konkurrenz, sich Abgrenzen, sich durchsetzen? Oder bist du dabei vom Geist der Kooperation beseelt?
Aus meiner Sicht ist die Grundidee von Mediation, die Kooperation zu verbessern. Immer fragen wir: ‚Wie können wir besser zusammen arbeiten, leben, lieben…‘ und so weiter.
Demgegenüber besteht die Denkweise des Marketing im Wettbewerbs-Gedanken: Wie kann ich mich gegenüber meinen Konkurrenten durchsetzen? Wie schaffe ich es, dass *ich* und nicht irgendjemand anderes den Auftrag erhält?
(Ich persönlich glaube, dass wir auch im Marketing den Konkurrenzgedanken relativieren sollten, dazu weiter unten ein paar Gedanken)
Wir haben im Lauf der Zeit gelernt, dass unsere Art zu mediieren und unsere Art Werbung für uns zu machen, aus einem Guss sein müssen, um Menschen von Mediation zu überzeugen. Damit stehen wir vor einer wichtigen Entscheidung: Leben wir jetzt den Geist der Kooperation oder den der Konkurrenz?
Wir sind da klar: Sei ganz Mediator:in in deinem Marketing! Denke vom Weltall aus!
?Hä, was bitte?
Okay, bevor du mich für völlig verrückt erklärst: Als Mediator:in führen wir ja eine neue Perspektive in den gelösten Konflikt ein:
Die Beteiligten haben nun einen Weg gefunden, wie alle gleichwertig ihre Bedürfnisse erfüllen können.
Diese Grundidee, dass wir wieder in unserer Kraft sind, wenn wir (wieder) zusammenarbeiten, möchten wir auf unseren gesamten Planeten ausweiten, bevor wir ihn dann auf das Marketing für Mediation zurück beziehen.
Um diesen Gedanken zu verdeutlichen, möchte ich mit dir ins Weltall reisen…
Kommst du mit?
Als die Nasa 1969 das Foto unseres Planeten veröffentlichte, das Bill Anders an Weihnachten 1968 bei den Mondumrundungen von Apollo 8 aus aufgenommen hatte, hat das der Menschheit die Tür zu einem neuen Bewusstsein geöffnet.
Plötzlich gab es eine Perspektive auf die Erde, die von nun an nicht mehr wegzudenken war: Unmöglich, die Welt noch mit den alten Augen zu sehen.
Vielleicht kann das jemand nachvollziehen, der – wie ich – erst spät in seinem Leben zum ersten Mal geflogen ist: Vor diesem Erlebnis waren für mich Wolken, immer von unten gesehen, nur eine zweidimensionale Fläche.
Als ich dann mit 25 Jahren das erste Mal in einem Flugzeug nach Irland saß, konnte ich mich am sonnenbeschienenen Wolkengebirge nicht satt sehen. Es war ein Schock zu sehen, wie filigran alles wirkte, wie nur wenige Kilometer über der Erdoberfläche die Erde eigentlich zu weit weg war, um noch real zu wirken.
Und es war atemberaubend schön.
Ein ganz ähnliches Erlebnis hat letztens auf LinkedIn William Shatner beschrieben (den einige noch als Captain Kirk von der Enterprise kennen). Das Erschrecken, wie filigran und verloren unser Planet ist. Und sofort der Gedanke, dass wir ihn nur schützen können, wenn die gesamte Menschheit zusammenarbeitet. Dazu die Befürchtung, es nicht zu schaffen.
Genau das ist der wesentliche Punkt: Dass die Erde in all ihrer schmerzhaften Schönheit im Verhältnis zum sie umgebenden All winzig ist. Und darum so wertvoll. Das ist für mich das Wesentliche des so oft belächelten kosmischen Bewusstsein.
Was das alles nur mit deinem Marketing als Mediator:in zu tun, fragst du dich gerade?
Dieses kosmische Bewusstsein ist der Schlüssel zum Verständnis von Kooperation.
Wir – als Gesamtheit des biologischen Lebens des Planeten – arbeiten vernünftigerweise zusammen, um unseren Planeten zu erhalten und damit unsere Umwelt, und damit uns. Dieses Wissen ist Teil unseres kollektiven Gedächtnisses.
Soweit die Theorie.
Denn ich schreibe das jetzt nicht, weil ich denke, dass es bereits Realität wäre. Ganz im Gegenteil wird uns ja gerade in der letzten Zeit krass vor Augen geführt, wie weit wir davon entfernt sind. Ich bleibe aber dabei: Kooperation auf planetarer Ebene ist unsere einzige Chance, um als Menschheit zu überleben.
Im Bezug auf Mediationsmarketing ist unser Gedankengang total simpel:
Und wenn werteorientierte Mediator:innen bei ihrem Marketing Unterstützung brauchen, helfen wir gerne.
Vielleicht übersteigt die planetarische, gar die kosmische Dimension der Kooperation unsere menschliche Kraft: Vielleicht können wir nur für uns selbst, oder unsere Familie, oder unser Land kooperativ sein und brauchen dafür immer ein ‚Außen‘ als Feind. Wenn das unsere conditio humana wäre, wären wir am Ende nicht überlebensfähig. Ich hoffe sehr, und setze mich dafür ein, dass wir als Menschheit irgendwann die kosmische Kooperation lernen.
Unsere kognitive Fähigkeit, uns von unsere biologischen Basis zu entfernen, hat die beispiellose Verbreitung unserer Spezies möglich gemacht. Sie hat gleichzeitig die Erde an den Rand der Katastrophe laviert. Schaffen wir es, unsere kognitiven Fähigkeiten zu nutzen, um einen neuen Weg einzuschlagen? Der die natürlichen Ressourcen bewahrt?
Schaffen wir es, unseren persönlichen, familiären, nationalen Egoismus zu überwinden?
Jede Geste, die unseren eigenen Egoismus übersteigt, ist ein Funke des kosmischen Bewusstseins der Kooperation.
Jedes Mal, wenn du jemanden für eine Mediation gewinnst, hast du einen solchen Funken geschlagen..
Wie erlebst du das Verhältnis von Konkurrenz und Kooperation in der Mediation? Wie den Zusammenhang von Mediation, Kooperation und planetarem Bewusstein? Wir freuen uns über deine Gedanken dazu.
Erschienen in der Spektrum der Mediation 90, Dez. 2022, beziehbar hier über den Psychosozial-Verlag.
»Normales« Marketing und Marketing von Mediator*innen. Fünf Unterschiede und was Mediator*innen »anders« machen können
Imke Trainer und Rüdiger Hausmann
Marketing von Mediator*innen funktioniert anders. Nicht gänzlich anders, aber anders genug.
Gleichzeitig verbreiten sich aktuell einige ermutigende Ansätze im Online-Marketing, die gut zur Haltung der Mediation passen. Was sind die fünf zentralen Unterschiede zwischen »normalem« und Marketing für Mediator*innen? Und wie machen wir Mediator*innen gerade in unserem Marketing die Haltung und das Versprechen der Mediation erfahrbar?
Als ich, Rüdiger, als 20-Jähriger nach Köln gezogen bin, habe ich anfangs bei Freund*innen gewohnt. Bei guten zum Glück, denn wir hatten zu dritt zwei Zimmer. Eines Tages fragte Lisa, um einen beiläufigen Ton bemüht: »Wie läuft es eigentlich mit deiner Wohnungssuche?« Meine spontane Antwort: »Es hat noch keiner angerufen!« Lisa schaute im ersten Moment ziemlich verdutzt, dann prusteten wir beide los vor Lachen.
Was ich eigentlich sagen wollte: Dass sich auf meine frisch aufgegebene Zeitungsannonce noch niemand gemeldet hatte.
Marketing für Mediation lässt sich nicht einfach nach Lehrbuch abhaken, finden wir. Dafür weist das Mediationsgeschäft zu viele Besonderheiten zum gängigen Marketing auf, die wir berücksichtigen sollten. Wir verstehen Mediationsmarketing so: Wir breiten unser Beziehungsangebot aus und lassen uns so von den Menschen finden, die gerade im Konflikt sind.
Daraus folgt auch:
Das, was dabei anders läuft, haben wir in fünf verschiedene Kategorien eingeordnet.
Fast überall spricht Werbung eine einzelne Person an. Das gilt für Erfrischungsgetränke bis zu Verträgen zur Altersvorsorge. Aber für uns Mediator*innen ist das anders: Wir unterbreiten immer mindestens zwei Menschen auf einmal unser Beziehungsangebot. Weil diese zwei Menschen gerade zerstritten sind, haben sie unterschiedliche Sichtweisen, gegensätzliche Positionen und verschiedene Beziehungsbedürfnisse. Es fällt ihnen schwer, sich zu einigen, und das betrifft auch die Wahl der Mediatorin, des Mediators. Somit haben wir hier die gleiche Herausforderung wie in der Mediation selbst:
Denn leider bleibt dabei die Emotionalität auf der Strecke – wer neutral ist, ist auch farblos, nicht greifbar und als Mensch nicht erlebbar. Erlebbar zu sein, wäre aber wichtig, um dieses Vertrauen aufzubauen: Ja, genau die*der wäre die*der Richtige für unseren Konflikt!
Menschen vertrauen ja nicht dem abstrakten Konzept Mediation oder dem Ablauf der fünf Phasen, sondern dem konkreten Menschen, der sie mediiert. Oder eben nicht.
Die Lösung: Wir überlegen uns für jede Station in unserer Kund*innenreise, wie dieses emotionale Abholen aller Parteien bei unseren zukünftigen Mediand*innen erlebbar wird. So beschreiben wir in unseren Texten bspw. emotional die Situation, in der unsere Kund*innen stecken, wie »Die Stimmung im Team ist wieder mal auf dem Tiefpunkt. Alle schweigen sich an, obwohl es so viel zu besprechen gäbe«. Wir schreiben aber nicht weiter »Insbesondere dein*e Chef*in geht dir auf die Nerven …«, obwohl wir vielleicht einzelne Teammitglieder damit abholen würden. Nur ganz bestimmt nicht den*die Chef*in. Vielmehr möchten wir diese*n genauso für die Mediation gewinnen wie alle anderen.
Oder anders ausgedrückt: Wir gehen ganz tief ins Verstehen der Beweggründe und der Gefühle, aber nicht ins Einverstandensein mit der jeweiligen Position, dem Verhalten der einzelnen Konfliktparteien – und erwecken genau dieses allparteiliche Abholen in unseren Texten zum Leben.
Ein klassisches Marketingthema ist die »Unique Selling Proposition«, das Alleinstellungsmerkmal unserer Dienstleistung. Die Falle, in die wir als Mediator*innen bei der Formulierung unserer USP tappen könnten, wäre in Konkurrenz zu unseren Mitbewerber*innen zu gehen. Das widerspräche aber dem Geist der Kooperation, dem wir uns verschrieben haben.
Das Alleinstellungsmerkmal so zu verstehen, hat weitreichende Konsequenzen für unser Marketing: Wir sind damit ganz nah bei den Bedürfnissen der Mediand*innen und ganz weit weg davon, uns vergleichen zu müssen. Vielmehr strahlen wir aus, dass wir unsere Mediationskolleg*innen wertschätzen als Mitstreiter*innen mit dem gemeinsamen Ziel, die Idee der Mediation in die Welt zu tragen.
Mit dieser Erkennbarkeit des »Wir machen es anders« übernehmen wir auch Vorbildfunktion. Wir suchen in unseren Websitetexten, Social Media-Postings, Podcasts, Videos und im direkten Gespräch nach dem Verbindenden, den Grundlagen für Zusammenarbeit und nach gegenseitigem Verständnis.
Kurz: Unser USP ist unsere Kooperationsfähigkeit inmitten des Konfliktgeschehens.
Manchmal fühlt sich das Verkaufen von Mediationen wie eine »verkehrte Welt« an. Viele »normale« Strategien passen nicht zur Haltung der Mediation und funktionieren nebenbei bemerkt auch nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Wie unter Punkt 2 beschrieben, verkaufen wir in Erstgesprächen ja gewissermaßen uns selbst und unsere mediatorische Haltung. Ziel ist es, dass die Mediand*innen Zuversicht schöpfen, dass sie mit unserer Begleitung im Konflikt besser dran sind als ohne uns. Also besteht das Verkaufsgespräch darin, dieses Vertrauen in uns aufzubauen. Dafür benutzen wir kein Verkaufsskript, keinen festen Ablauf. Wir nennen es einfach »Verkaufen durch Zuhören«.
Wir argumentieren dabei nicht abstrakt für Mediation, sondern beraten passgenau über die Chancen, den konkreten Konflikt beizulegen. Und wir nehmen schon hier unsere Führungsfunktion als Mediator*in wahr. Denn die künftigen Mediand*innen brauchen zu diesem Zeitpunkt viel Orientierung und wollen wissen, was sie als Nächstes tun sollen. Damit wirkt sich das Gespräch gleichzeitig positiv auf ihr Sicherheitsgefühl aus.
Was wir jedoch nicht brauchen, sind manipulative Verkaufstricks wie Verknappung (»Mein Kalender ist fast voll. Entscheiden Sie sich noch heute!«), Paketangebote (»Wenn Sie jetzt schon zehn Sitzungen im Voraus buchen, bezahlen Sie nur neun!«) oder Druckaufbau (»Was werden Ihnen Ihre Kinder später vorwerfen, wenn Sie jetzt keinen Klärungsversuch unternehmen?«).
Wir verkaufen über Gelassenheit und fachliche Kompetenz und vertrauen unseren Kund*innen, dass sie für sich die besten Entscheidungen treffen.
Verkaufen von Mediation funktioniert über fast schon paradoxe Interventionen wie Gelassenheit und Selbstverantwortung.
Unsere ethische Integrität als Mediator*in steht im Zentrum unseres Handelns. Wir stehen diesbezüglich unter stetiger Beobachtung, ob wir die Prinzipien und Werte der Mediation selbst mit Leben füllen. Dies wurde mir, Imke, einmal in einem Vorgespräch sehr bewusst: Ich hatte gerade gegenüber einer Interessentin freundlich abgelehnt, eine ausschließlich für sie vorteilhafte Zahlungsweise zu akzeptieren, und dabei auf die Auswirkungen auf ihren Konfliktpartner verwiesen. Da rief sie spontan und ernstgemeint aus: »Ach Gott, daran hatte ich gar nicht gedacht, wie mein Konfliktpartner das auffasst, das ist ja ein tolles Gespräch und dann haben sie noch so hohe moralische Standards!«
Das Prinzip, das dabei für uns Mediator*innen leitend ist, lässt sich als »Practice what you preach« zusammenfassen. Es besagt, dass wir im Konfliktfall selbst Mediation in Anspruch nehmen, unseren Mediand*innen keine unerfüllbaren Versprechungen machen und zu unseren »Fehlern« stehen. Schütteln Sie gerade mit dem Kopf ob dieser Selbstverständlichkeiten? Unsere Wahrnehmung ist, dass viele Mediator*innen ihre Integrität als selbstverständlich erachten und darüber wenig kommunizieren. Und diese Chance auch in der Dialoggestaltung mit Kund*innen ungenutzt lassen. Und wenn von Integrität die Rede ist, dann häufig abstrakt und wenig nahbar als Leitbild auf der Website.
Uns Mediator*innen mag diese ethische Haltung selbstverständlich vorkommen. Für Menschen, die in Konflikten feststecken, ist das nicht so: Sie erleben ihre Umwelt momentan nicht als fair, sondern als ungerecht, gemein, manipulativ und nicht vertrauenswürdig.
Unser ethisches Handeln gibt Schutz. Lassen Sie es erkennbar werden. In der Regel erkennen die Konfliktparteien den Wert dieses «sicheren Hafens« an.
Marketing, das funktioniert, macht Spaß. Aber wenn es keinen Spaß macht, wird es nicht funktionieren, egal wie viel Mühe wir uns geben. Manche von uns, wie ich, Rüdiger, haben gleich zwei Herausforderungen zu bewältigen: Nicht nur Marketingmaßnahmen zu finden, die ihnen Spaß machen, sondern auch eine psychologische Hypothek. Ich spreche von der Angst vor Ablehnung und Zurückweisung. Wenn wir uns, wie zuvor angesprochen, am Ende selbst verkaufen, erleben wir im Falle einer Absage der Mediation die Ablehnung unserer Dienstleistung schnell als Ablehnung unserer Person.
Und damit setzen wir einen Teufelskreis in Gang, der es immer schwerer macht, angenommen zu werden und Erfolg zu haben. Was wiederum unser Selbstvertrauen und unsere Freude trübt.
Das Sich-Zeigen, in welcher Form auch immer: Videos produzieren, Workshops geben, Redner*innenbühnen erobern, es darf aus sich heraus Spaß machen. Dann springt der Funke auch über! Hier braucht es Selbstvertrauen, genügend Strategien auszuprobieren, um am Ende die individuell passende Herangehensweise zu finden.
Werde gefunden, wenn du gebraucht wirst, das ist unsere Grundidee. Lass auch du dich besser finden. Und suche nach Wegen, bei denen du dich gern zeigst und auch noch Spaß und Freude dabei hast!
Wir unterstützen dich dabei mit einem Zoomtag >Marketing für Mediator:innen< gerne punktuell ebenso wie langfristig in unserem Mentoringprogramm für Mediator:innen
Wenn du uns erst einmal kennenlernen möchtest, dann buche hier dein kostenloses Perspektivgespräch, in dem wir herausfinden, ob wir zueinander passen.
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