Jaja, schon klar, wir Mediatoren geben ja eigentlich niemals (!) die Lösung vor, aber heute müssen wir von dieser Regel wirklich eine Ausnahme machen, es wäre andernfalls einfach zu ungerecht für dich.
Deshalb hier und heute die gute Nachricht:
Und hier fängt die Geschichte von vorne an.
Neulich in der Mediationsausbildung hatte ich ein sehr interessantes Gespräch – in Präsenz! Allein das mit der Präsenz ist im Juni 2021 ja schon eine Meldung wert, aber noch viel aufschlussreicher war der Inhalt des Gesprächs, von dem ich dir heute berichten möchte.
In der Pause kam ein Teilnehmer auf mich zu, den ich an dieser Stelle aus praktischen Gründen Horst nennen werde, und wir unterhielten uns über seine Fortschritte in der Ausbildung und über seine Familie.
Gerade jetzt – Horst steht kurz vor Abschluss seiner Ausbildung – beschäftige ihn die immer wichtiger werdende Frage, wie um Himmels willen er jemals an seinen ersten Fall kommen solle? Das mache ihm schon ein wenig Sorge, ein Jahr nach der Ausbildung vergehe ja schneller als man sich versieht und wo soll dann der erste Fall herkommen…?
Und so weiter und so fort. Ich hörte Horst aufmerksam zu.
Horst ist getrennt und hat zwei inzwischen erwachsene Kinder. Mit diesen tauscht er sich regelmäßig über das Thema Mediation und die Ausbildung aus, die ihn ja gerade so beschäftigt.
Und so erzählte Horst mir, dass er ein sehr unterschiedliches Verhältnis zu seinen beiden Kindern habe. Mit einem seiner beiden Kinder sei die Beziehung richtig gut. Dieses Kind arbeitet im sozialen Bereich und sei daher schon an allerlei mediatorische Grundhaltung und Methoden gewöhnt. Mit diesem Kind unterhält sich Horst regelmäßig, gerne und in entspannter Atmosphäre über die Mediation und alles, was dazu gehört.
Mit dem anderen Kind hingegen ist es viel schwieriger und komplizierter. Zum einen war das Verhältnis aufgrund verschiedener biografischer Gegebenheiten immer schon ein wenig belasteter, als mit dem ersten Kind. Zum anderen kommt erschwerend hinzu, dass dieses zweite Kind etwas weiter weg in einem Nachbarland lebt und seit Kurzem selbst Nachwuchs hat. Das erwachsene Kind von Horst hat also extrem wenig Zeit - und gleichzeitig ein ganz (!) großes Interesse an der Mediation, so versicherte mir Horst. Immer wieder befrage ihn dieses Kind, was er denn da so genau mache, in seiner Ausbildung. Und dann erzählt Horst seinem Kind von der Ausbildung, aber er verrät nichts von seiner geheimen Sehnsucht…
Das verrät er mir im nächsten Satz, indem er den einen und alles entscheidenden Satz sagt, bei dem mir endgültig ein Licht aufging:
Er sagte mir, dass er so gerne ein besseres Verhältnis zu diesem Kind hätte! Dass er sich sehnlichst wünscht, mal so richtig und in Ruhe mit dem Kind reden zu können, ohne Unterbrechungen und mit viel Muße. Dass er sich erhoffe, dem Kind eines Tages wieder näher zu kommen und eine größere gemeinsame Ebene zu schaffen, als Elternteil und als Kind. Dass er einfach gerne eine engere Beziehung zu diesem Kind hätte.
Ich hörte Horst nun SEHR aufmerksam zu und dann verknüpfte ich beide Teile dieses Gespräches, fasste mir ein Herz und fragte ihn:
Stille. Er rückte ein Stück von mir ab und schaute verschlossen: alles an Horsts Körpersprache signalisierte Ablehnung.
Hier unterbreche ich die Erzählung und schaffe mal kurz Raum für meine eigene Begeisterung. Denn ich finde wirklich, dass das eine ganz exzellente Superkraft ist:
Denn stell dir mal vor, wenn alle (angehenden) Mediator:innen direkt nach der Ausbildung einen eigenen Konflikt von eine:r Mediator:in bearbeiten ließen, wie viel mehr Mediator.innen hätten dann schon ihren ersten Fall?!
Genial, oder?
Ach, ich überschlage mich fast vor lauter Freude über diese vielen Ressourcen, die dir das beschert! Lass mich mal schnell nur die ersten zehn Vorteile dieser Aktion aufzählen, die mir spontan in den Sinn kommen...
Kurz: Nie wirst du stärker aus deiner Komfortzone heraustreten, als wenn du den sprichwörtlichen Stuhlwechsel selber vollziehst, denn das Erlebnis fördert die Verbindung zu deinen Mediand:innen immens, das wiederum stärkt die Qualität deiner Arbeit immens, und die Qualität deiner Arbeit fördert deine Buchungsrate immens. Wie heißt das Gegenteil eines Teufelskreises? Ein Engelskreis…
Außerdem günstig: Du kannst mit einer dir nicht oder nur wenig bekannten Kolleg:in vereinbaren, dass sie dich mediieren darf und dass sie dich im Gegenzug das nächste Mal empfiehlt, wenn ihre Freunde eine Mediation brauchen. Das fördert Vernetzung und gegenseitige Unterstützung. Noch mehr Vorteile: Du kannst deine Mediationserfahrung als Mediandin für alle deine Webseitentexte verwenden. Oder daraus einen Blogartikel machen. Nichts illustriert das abstrakte Thema Mediation so gut wie eine konkrete Fallbeschreibung aus der Sicht einer Konfliktpartei.
Und obendrauf: Wenn du deine Anfrage nach einer ehrenamtlichen Mediation für deinen eigenen Konflikt zum Beispiel in eine Facebook-Gruppe stellst, dann melden sich sehr viele Mediationskolleg:innen bei dir. Die Art und Weise, wie sie den Kontakt mit dir gestalten, kann für dich ein absolutes Lehrstück sein. Bei wem hast du dich wohlgefühlt? Wer hat dich womöglich mit seiner Art der Dialoggestaltung verschreckt und warum genau? Hier gibt es wirklich reichlich zu ernten.
Kennst du den alten Kalenderspruch: Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst in der Welt? Hier bekommt der Satz eine ganz neue Bedeutung, oder?
Also: Ich habe dir soeben diese eine, alles entscheidende Frage gestellt, ob du nicht mit deinem Kind an einer Online-Mediation teilnehmen willst?
Und ich habe dir diese ganzen tollen Gründe aufgezählt – und dann... herrscht Stille.
Schluck. Meine Gedanken überschlagen sich.
Ich bin irritiert.
Jetzt versteh ich's. Ich merke es dir an, Horst, du willst gar nicht so recht zur Mediation, stimmt’s? Ich schaue in dein Gesicht und ich merke es deutlich: Es ist dir nicht geheuer, oder?
Um nicht zu sagen: Du hast Angst, (verzeih das blöde Wortspiel) dich zum Horst zu machen…. Liege ich richtig?
Dir gehen so Gedanken durch den Kopf wie:
Kommen dir die Zweifel bekannt vor? Dann schnapp dir geschwind einen Stift und schreib sie für dich selbst und deinen eigenen Konflikt am besten ganz schnell auf.
Okay, alles notiert?
Dann herzlichen Glückwunsch zu all deinen Einwänden und Bedenken, denn mit diesen hältst du jetzt eine wahre Schatzkiste in den Händen.
Denn weißt du was?
Schau dir also all diese Zweifel sehr genau an.
Du kannst dich über diese eigenen Ängste und Sorgen soooo extrem gut mit deinen Wunsch-Mediand:innen verbinden und dich fragen:
Was bräuchte denn ein Mensch, der gerade genau so zweifelt wie ich es tue, in genau diesem Moment von uns Mediator:innen, um sich dann doch für eine Mediation zu entscheiden?
Wie kann ich ihr/ihm die Entscheidung leichter machen? Wie muss ich mich geben, was auf der Webseite schreiben, am Telefon sagen und im Vorfeld noch zu schicken, um die Beziehung zu deinen Konfliktparteien aufzubauen?
Es liegt ja auf der Hand: Alle Antworten, die du auf diese zentrale Frage findest, sind deine ganz persönlichen Diamanten in der Schatzkiste deines Marketing-Dialogs mit deinen künftigen Kund:innen
Also, Horst, worauf wartest du? Bitte dein Kind um eine Online-Mediation und erreiche dein Win-win: die verbesserte Beziehung zu deinem Kind und seiner neuen Familie und dein angereicherter Erfahrungsschatz, mit dem du anonyme Konfliktparteien zu deinen ganz persönlichen Mediand:innen von morgen machst!
Und du, geht es dir wie Horst oder warst du schon mal Mediand:in?
Erzähl doch mal in den Kommentaren...
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RheinMediation - Kultur der Verständigung
Holger Quandt
Kurz nach meiner Ausbildung nahm ich als Mediant an einer Mediation teil. Es ging um die Kündigung meiner Wohnung wegen Eigenbedarf. Der Mediator war sehr erfahren und selbst Ausbilder. Die Mediation ging dann richtig daneben. Er brachte seine Fachwissen als Ingenieur ein und beurteilte einen Vorschlag von mir als "nicht marktgerecht".
Nach dem Mediationstermin war die Gegenseite zu keinem Zugeständnis mehr bereit. Ich bekam eine Rechnung und stand schlechter da als vorher.
Das kann ich besser, war meine Überzeugung. So verlor ich die Angst vor dem ersten eigenen Fall.
Rüdiger
danke für's Teilen! Das ist jedenfalls wirklich mal ein origineller Grund, eine Mediationsausbildung zu machen!
Angelika
Renate
Imke
Was denkst du?